„Bedenke alles, bereue nichts“ ist die Antwort, die Sarah Bakewell auf die Frage „Wie soll ich leben“ in ihrem Buch „Das Leben Montaignes“ dem siebzehnten Kapitel als Überschrift gibt. Montaigne selbst schrieb einmal, daß wir alle nur aus buntscheckigen Fetzen bestehen, die locker und lose aneinanderhängen. Er hatte durchaus auch Selbstzweifel – gerade auch im Hinblick auf das Schreiben seiner Essays – aber er hat die vielen unterschiedlichen Identitäten in seinem Leben nie bereut, nie retuschiert. Vielleicht ist es genau das, was uns heute an ihm so fasziniert.
Passend dazu fragt Gene C. Hayden in ihrem Buch „Bleib dran, wenn dir was wichtig ist“ im siebzehnten Kapitel nach dem Scheitern: Was ist, wenn ich scheitere? Ja, was ist dann? Wie wichtig ist es für uns zu unterscheiden, ob wir einen Fehler machen oder ob wir einfach untätig bleiben? Welche Geschichten können wir erzählen, wenn wir etwas wenigstens versucht haben?
Was aus einer kleinen Geschichte werden kann, können wir am Beispiel von Martin Luther sehen, der am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schloßkirche nagelte. Er hat sicherlich lange darüber nachgedacht, bereut hat es wohl nicht und aus der kleinen Geschichte eines unbedeutenden Mönchs ist eine große Geschichte geworden.
Solche Geschichten können wir nicht alle schreiben, vielleicht wollen die meisten von uns das auch gar nicht. Aber werden wir es irgendwann bereuen, wenn wir schweigen, wenn wir nicht das Gespräch suchen? Theodore Zeldin stellt am Ende seines Buches „Der Rede Wert“ eine Liste mit Gesprächsthemen auf. Das siebzehnte Thema handelt vom Schweigen – konkret vom Schweigen in der Familie, aber ich glaube, daß man den Gedanken auch auf andere Bereiche übertragen kann. Zeldin fragt nämlich, ob unser Geist schrumpft, wenn er nicht durch Gespräche beziehungsweise Reden genährt wird. Eine spannende Frage, mit der ich diesen Beitrag abschließen möchte.
Ich wünsche Ihnen/Euch einen wunderbaren 17. Dezember mit vielen geistig nahrhaften Gesprächen.