Mit Marmotte auf den Spuren von Louis

Heute war ich in Bonn – ein Tag Beethoven. Erst ein Orgelkonzert in der St. Remigius-Kirche (an Beethovens Taufstein) unter anderem mit einem Werk von Beethoven selbst und von seinem Lehrer Haydn. Danach die Beethoven-Ausstellung in der Kunst- und Ausstellungshalle. Man kann sich also denken, wer „Louis“ ist. Aber Marmotte?

Meine erste Begegnung mit Marmotte
Wenn man die Ausstellung betritt, sieht man links eine Darstellung der Kategorien der Ausstellung – Beethoven als Bürger, als Musiker und das Geschehen in der Welt an sich zur gleichen Zeit. Direkt vor einem ist eine große Zeitachse, die zunächst die Zeit in Bonn umfaßt. Im selben Jahr als Beethoven in Bonn zur Welt kam brach zum Beispiel James Cook zu seiner Reise nach Australien auf. Ich fand das spannend.
Auf der rechten Seite befindet sich Kleidung der Zeit (ein englisches Kleid und ein französischer Anzug mit „Culottes“). Und dann erspähte ich „Marmotte“. Die Zeichnung eines Murmeltiers mit dem (für Kinder bestimmten Text), daß das Murmeltiers „Marmotte“ heißt und ein guter Freund von Beethoven war. Meine Neugier war geweckt. Glücklicherweise enthielt der Audioguide sowohl die Erwachsenen- als auch die Kinderversion…..

Wußtet Ihr, daß Goethe ein Gedicht über Marmotte (das französische Wort für ein Murmeltier) geschrieben hat? Und daß Beethoven dieses Gedicht vertont hat? Hintergrund war laut Audioguide wohl, daß arme Kinder früher Murmeltiere dressiert haben, um mit den Vorführungen ein bißchen Geld sammeln zu können. Das Lied wurde auch gesungen, ich kannte es nicht.

Marmotte erzählt….
In der Audioguidefassung für Kinder ist Marmotte ein fürchterlich müdes Murmeltier, das Beethoven (den es fast immer „Louis“ nennt) natürlich persönlich kennt und einem Kind Fragen beantwortet. Die Stationen an denen Marmotte etwas erzählt sind mit einem Murmeltier mit Zahl gekennzeichnet. Zusätzlich stellt Marmotte an manchen Stationen „Quizfragen“ oder auch einfach Fragen zum Nachdenken. Wirklich schön gemacht. So schön, daß ich im ersten richtigen Raum der Ausstellung erst einmal stehen blieb und mir – mit einem verzückten Lächeln – alle 18 Stationen anhörte. Der für den Raum zuständige Mitarbeiter beäugte und umrundete mich skeptisch – ich stand ja einfach im Raum, ging nicht weiter und lächelte vor mich hin….
Also mein erster Tipp – unbedingt auch Marmotte folgen (wobei ich es einfacher fand erst alles von Marmotte zu hören und dann nach und nach die Stationen für die Erwachsenen abzulaufen).
Schön waren Fragen wie zum Beispiel beim Papiertheater „was würdest Du hier spielen“?
Sehr schön war auch, daß einige Stücke von Beethoven sehr schön einbezogen waren – so zum Beispiel die Musik der 6. Symphonie zum Bild „Elfenreigen“. Diese Art der Einbeziehung der Musik hat mich auch bewegt, die Hörstationen zu nutzen.

Zu sehen und zu hören…
Es war eine gute Mischung aus Bildern mit Bezug zu Beethoven und seiner Zeit, Informationen zur Entstehung der wichtigsten Werke und Hörstationen mit diesen Werken. Nachteil bei den Hörstationen: die Stücke (immer zwei oder drei, die man per Knopfdruck auswählt) sind zum Teil relativ lang und man kann sie zwischendurch nicht unterbrechen, außerdem gibt es immer nur fünf Plätze. Das war heute nur im letzten Raum ein Problem, bei mehr Besuchern wird es vermutlich schwierig….

Für mich waren es schöne musikalische Entdeckungen. Mich hat sowohl der Ausschnitt aus dem Ballett Prometheus als auch die Musik zu Goethes Egmont begeistert – beides kannte ich (wie so viele Werke von Beethoven und anderen Komponisten) nicht. Schön waren auch die vielen kleinen Anekdoten, die im Audioguide erwähnt wurden (daß Beethoven zum Beispiel lieber die Musik für ein Stück von Schiller komponiert hätte, man ihn aber mit Goethes Egmont beauftragte ….).

…. anzufassen….
Die meisten Exponate darf man natürlich nicht anfassen. Aber es gibt ein paar Ausnahmen – zum Beispiel die Kopie der Totenmaske, ein Modell einer Klaviertaste und dann gab es auch noch Beethovens Leibgericht auf einem Abreißblock. Es war schon etwas merkwürdig, die Maske anzufassen….

… und zeitlich einzuordnen
Ich habe mir bisher nur selten über die politischen Geschehnisse während der Lebenszeit eines Komponisten Gedanken gemacht. Ja, mein Fehler. Die Ausstellung hat das aber auf sympathische Weise einbezogen. Angefangen bei der Tatsache, daß Beethoven aufgrund der französischen Besetzung des Rheinlandes nicht vom Studium in Wien zurückkehren konnte, über die Tatsache, daß er Napoleon zunächst als positiv empfand (Napoleon sozusagen als „Prometheus“) bis zum Wiener Kongress, den er mit Musik bereicherte. Spannend wie sich die Lebenslinien wichtiger Menschen hier plötzlich überschneiden, denn ich mußte sofort an die Humboldt-Ausstellung in Berlin und Wilhelm Humboldts Tätigkeit beim Wiener Kongress denken.

Und sonst so….
Schön waren auch die „Fun Facts“ – die Tatsache, daß er nur schlecht rechnen konnte, seinen Kaffee immer mit genau 60 Kaffeebohnen gemacht haben wollte und sein Leiden unter seiner zunehmenden Taubheit, die damals nicht angemessen behandelt werden konnte. Auch Beispiele wie Normalhörende seine Musik hören und wie er sie wohl gehört haben muß (also wie wenig) fand ich sehr eindrucksvoll.
Insgesamt habe ich vier Stunden in der Ausstellung verbracht – ziemlich viel Zeit, obwohl es gar nicht voll war. Nur im letzten Teil waren die Hörstationen so belagert, daß ich verzichtet habe.
Insofern: Wer Musik mag und sich für Beethoven interessiert sollte diese liebevoll und gut gemachte Ausstellung nicht verpassen.

Impressionen aus Basel

Die Museumsnacht am 18.01.2019 hat mich zu einem kurzen „Ausflug“ nach Basel gelockt – eine Stadt, in der ich vorher noch nie war und über die ich bis zu meiner Kurzreise auch herzlich wenig wußte. Ich möchte daher meine Eindrücke von diesem kurzen Besuch hier zusammenfassen:

* Basel hat mir sehr gut gefallen. Bei kaltem sonnigen Winterwetter bin ich vom Schweizer Bahnhof (es gibt auch noch einen badischen und einen französischen Bahnhof ….) zu meinem Hotel in Klein-Basel gelaufen. Es war ein schöner Spaziergang durch einen kleinen Teil der Innenstadt, vorbei an den Museen, die ich später noch näher erleben sollte.
* Meine Übernachtung enthielt die Basel Card. Damit konnte ich an den beiden Tagen kostenlos die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen und auch Museumseintritt und Führungen waren günstiger.
* Zunächst bin ich an der sonnigen Rheinseite von Klein-Basel von der Wettsteinbrücke zur Mittleren Brücke gelaufen und von dort in die Innenstadt spaziert. So kommt man unweigerlich am wunderschönen roten Rathaus vorbei.
* Das Ticket (eigentlich das „Bändchen“) für die Museumsnacht hatte ich mir schon beim Tourismusbüro am Bahnhof besorgt. Daher habe ich bei einer kulinarischen Pause im Café Huegenin erst einmal „geplant“, was ich mir gerne anschauen wollte. Ein ziemlich strammes Programm, von dem ich letztendlich nur einen kleinen Teil „umgesetzt“ habe.
* Ich bin dann erst einmal durch die kleinen Gassen der Altstadt geirrt und irgendwann bei einer Buchhandlung „gelandet“. Dort habe ich entdeckt, daß es einige spannende Verlage und Autoren in der Schweiz gibt, die mir so gar nicht bekannt waren. Schwach geworden bin ich bei „Claude Cueni – Warten auf Hergé“ (ja, warten auf Godot war gestern, jetzt wartet man auf Hergé!) und „Urs Zürcher – Alberts Verlust“ (ein sehr spannendes und gut geschriebenes Buch, ich konnte es heute Morgen kaum aus der Hand legen ….).
* Meine Museumsnacht begann im Antikenmuseum und zwar mit dem Vortrag von Tomas Lochman „Zensur vs künstlerische Freiheit. Nackheit im Museum“. Ein tolles Thema und ein guter Vortrag – ich wußte vorher relativ wenig über die Geschichte der Nacktheit (Praxiteles ist schuld und die Geschichte von der Aphrodite von Knidos ist wirklich schön!). Die Auseinandersetzung mit dem Thema „me too“ und der Ausstellung „nackt! Die Kunst der Blöße“ fand ich gelungen, auch die Ausstellung selbst war sehenswert. Besonders genial fand ich das Video zum Thema Nacktheit und Social Media……
Ein Thema, zu dem ich gerne auch noch etwas ausführlich etwas schreiben möchte, wenn ich denn die Zeit dazu finde …..
* Ich bin dann ein bißchen durch die Stadt geschlendert, habe mir das konkrete Programm im Münster besorgt (dort spielte das Sinfonieorchester Basel mit einem wunderbaren Programm immer zur vollen Stunde, zur halben Stunde gab es Führungen) und habe „hier und dort“ einen kurzen Blick reingeworfen.
* Etwas später habe ich mir in Klein-Basel ein Orgelkonzert in der zum Waisenhaus gehörenden Kartäuserkirche angehört. Das Waisenhaus und die Kirche sind ein schöner alter Ort, es war wunderbar dort mit dem Orgelkonzert einen Moment der Stille zu erleben.
* Ganz und gar nicht still war es im Museum der Kulturen. Dort habe ich mit einer Kurzführung die Ausstellung „Das Geheimnis“ besucht, nach der Führung bin ich noch alleine durch diese Ausstellung geschlendert. Besonders witzig fand ich die Mitmachaktion. Man sollte ein Geheimnis aufschreiben, das man noch nie jemandem erzählt hat und in eine Art Briefkasten werfen. Die „Geheimnisse“ sollen dann (zumindest zum Teil) auf www.stille-post.ch erscheinen …..
Das Thema „Geheimnis“ fand und finde ich sehr spannend, auch das wäre sicherlich einen eigenen Blogbeitrag wert….
Der Museumsshop war am Abend der Museumsnacht übrigens geschlossen, den Besuch habe ich am nächsten Tag nachgeholt und dort ein „Solar Jar“ gefunden – ein Einmachglas mit einem Solardeckel, das angeblich so hell leuchtet, daß man damit draußen lesen kann. Ich werde das im Sommer testen ……
* Wirklich witzig waren die Hüte, die man im Spielzeug Welten Museum bekommen konnte – ein schwarzer Zylinder aus dem oben ein weißer Hase hinausschaute. Wenn die Schlange vor dem Museum nicht so wahnsinnig lang gewesen wäre ………
Die Hüte begegneten mir den ganzen Abend über, ich war fast ein bißchen neidisch …….
* Das Highlight meines Abends war die Zeit im Münster. Ich war im Laufe des Abends immer wieder dort und habe ganz unterschiedliche – vor allem musikalische – Eindrücke gesammelt.
Meine „Entdeckung“ des Tages waren die „Fanfares pour tous les temps“ von Georges Delerue, in der Atmosphäre des Münsters war der Klang einzigartig!
Schön waren auch die Ausschnitte aus Telemanns Tafelmusik D-Dur und Brahms Klarinettenquartett h-Moll, die ich mitbekommen habe.
Den Gänsehautmoment des Abends hatte ich als das Sinfonieorchester im spärlich beleuchteten Münster Bachs Air aus der Orchester Suite 3 D-Dur spielte ….
Den Abschluß bildete die Abendserenade aus den Bergen mit dem (festhalten!!) „Alphorn-Ensemble des SOB“.
* Das Münster an sich fand ich sehr spannend. Ich hatte eine Führung im Rahmen der Museumsnacht, am anderen Tag besuchte ich im Rahmen einer Stadtführung noch einmal das Münster. Es gab da unglaublich viele spannende Geschichten und Fakten. Ich wußte gar nicht, daß Basel einen eigenen Reformator hatte – nämlich Johannes Oekolampad. Den Namen hatte ich vor meinem Baselbesuch noch nie gehört …. Er ist – genauso wie Erasmus von Rotterdam – dort begraben.
Vor der Kanzel (die sogar noch aus der Zeit vor der Reformation stammt) gibt es im Boden einen Drachen. Dieser Drache hat einen roten Kopf – was ihn als hochgefährlichen Drachen kennzeichnet. In früheren Zeiten stampfte man auf diesem Drachen auf und vertrieb so das Böse aus seinem Leben.
* Erasmus von Rotterdam zog es wegen des Buchdrucks nach Basel. Ich fand diese gedankliche Verbindung zu meiner Reise nach Innsbruck spannend. In der Schweiz haben sich aber – zumindest auf den ersten Blick – mehr eigenständige Verlage erhalten als in Österreich.
* Was ich während der Führung am Samstag besonders spaßig fand: die Vorführung des Basler Schwimmfisches. Mit der Hilfe eines siebenmal eingerollten Fisches kann man seine Wertsachen beim Baden trocken mitnehmen. Unsere Stadtführerin hat uns das Einrollen (nicht das Schwimmen, dafür war es zu kalt) live vorgeführt …… und sie hat ausdrücklich bestätigt, daß die Sachen trocken bleiben …….
* Kulinarisch genial (und auch erstaunlich günstig) war das Essen im Bistro des Museums für Kulturen, ebenfalls kulinarisch genial waren die Faschingswähen mit Kümmel (Bäckerei Sutter in der Nähe der Mittleren Brücke). Gut, daß ich mir gleich zwei gekauft hatte……

Insgesamt eine schöne Reise mit tollen Entdeckungen und dem Wunsch, irgendwann wiederzukommen!