4. Dezember – die vier

Die vier gibt sich mit der Schulnote „ausrecheind“ durchaus bescheiden – aber braucht man mehr als vier Adventskerzen, mehr als vier Adventssonntage und mehr als vier Jahreszeiten? Vielleicht ist diese Bescheidenheit auch genau das, was wir stärker kultivieren sollten. Denn die ständige Suche nach Perfektion führt nicht zu mehr Glück und Zufriedenheit, sondern zu Druck und Unzufriedenheit – das schreibt schon Barry Schwartz in seinem Buch „Anleitung zur Unzufriedenheit“. Warum sich mit etwas begnügen, das „in Ordnung“ ist, wenn die perfekte Entscheidung möglich ist? Aber die Zeit, die wir mit der Suche nach dem vermeintlich Perfekten verbringen, führt uns auch nicht näher an die Perfektion. Natürlich gibt es Entscheidungen, die etwas mehr Zeit, Nachdenken und Sorgfalt erfordern – aber nicht jeder Buchkauf sollte in diese Kategorie fallen ……

Vielleicht zögern wir mit der Suche nach der perfekten Lösung manchmal Entscheidungen auch einfach heraus. Wie beeindruckend klar ist dagegen die Entscheidung der vier Tiere, die zu den Bremer Stadtmusikanten werden – „etwas besseres als den Tod findest Du überall“ das ist das Motiv, sich auf den Weg nach Bremen aufzumachen. Die perfekte Lösung? Nein, einfach eine Lösung die besser ist als das aktuell erwartete Schicksal und damit ausreichend und zufriedenstellend.

Die moderne Version der Bremer Stadtmusikanten sind vielleicht die Tiere aus „Holy Cow“ von David Duchovny. Elsie – eine ziemlich neugierige junge Kuh – findet irgendwann heraus, daß Tiere geschlachtet werden. Das findet sie fürchterlich und beschließt, die heimische Farm zu verlassen und nach Indien zu reisen, wo Kühe heilige Tiere sind. Shalom, das Schwein, kommt ihr auf die Schliche und will mit ihr ausreißen – allerdings nach Israel, wo Schweine halt nicht geschlachtet werden. Und zu guter Letzt schließt sich auch noch Tom, der Truthahn, an, der denkt, in der Türkei (das englischsprachige Turkey kann sowohl Türkei als auch Truthahn heißen) wäre sein Leben sicher. Zu dritt machen sie sich auf den Weg (sehr witzig und abenteuerlich), aber in Israel stoßen sie auf ein paar Probleme, die Joe, das Kamel aus der Werbung, klug und elegant löst. Eine wirklich witzige und skurrile Geschichte – die aber doch einige Stellen hat, die mich nachdenklich gemacht haben.

Zu der Geschichte dieser vier Tiere paßt wiederum das vierte Kapitel aus dem Buch „Kurze Geschichte der Migration“ von Massimo Livi Bacci. Ich schlendere ja immer gerne durch Buchhandlungen und bei meinem letzten Ausflug nach Berlin habe ich dieses Buch entdeckt. Gerade das vierte Kapitel, in dem es um Migration im Zeitraum von 1500 bis 1800 geht, enthält viele Themen, die uns heute sehr bekannt vorkommen: allem voran die Tatsache, daß Menschen sich bewegen, um ihre Lebensumstände zu verbessern. aber eben auch Grenzsicherung. Migration und der Umgang mit Migration ist – eigentlich – kein neues Thema. Aber haben wir aus den guten und schlechten Erfahrungen der Geschichte etwas gelernt?

Migration ist auch Thema in dem Roman „The Betrayers“ von David Bezmogis. Zwei Paare (gleich vier Personen) treffen aufeinander – aber es ist keine einfache Begegnung. Kotler, der vor vielen Jahren die Sowjetunion verlassen und nach Israel ausgewandert ist, reist mit seiner jungen Geliebten an die Krim. Durch Zufall mietet er ein Zimmer bei der Ehefrau des Mannes, der ihn damals verraten und ins Gefängnis gebracht hat. Eine gelungene Verzahnung von jetzt und damals.

Vier gewinnt? Ja, aber vielleicht in einem anderen Sinne als wir denken. Wir reden alle über Arbeit 4.0 und Industrie 4.0 – aber die wenigsten erfassen, welche Veränderungen tatsächlich damit verbunden sind und wie wir uns ändern müssen. Otto Scharmer und Katrin Käufer haben in ihrem Buch „Von der Zukunft her führen“ die Angabe „4.0“ als Stadium definiert – nämlich als co-kreativ, verteilt und dialogisch. Dieses Verständnis hat Auswirkungen auf alle Bereiche – eben nicht nur auf ein Unternehmen oder eine Branche. Im Gegensatz dazu ist 1.0 staatszentriert (ein traditionelles Bewußtsein) und basiert stark auf Anweisungen und Hierarchie, 2.0 freier Markt mit einem egozentrischen Bewußtsein und Wettbewerbscharakter und 3.0 soziale Marktwirtschaft mit einem auf Stakeholder zentrierten Bewußtsein und Dialog zwischen Interessenvertretern. Die spannende Frage: wo befinden wir uns jetzt?

Aber auch wenn diese Frage düster klingen mag, so ist die vier doch auch die Zahl der wunderschönen Musik von Antonio Vivali – „Vier Jahreszeiten“. Hier ein kurzer Ausschnitt zum Genießen …..

Ich wünsche Euch/Ihnen einen schönen 4. Dezember.

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