Dieser Tweet mit der Frage, ob gerade Verstorbene uns ein Zeichen geben können, hat mich gerade an die Zeit vor zwei Jahren erinnert und deswegen möchte ich eine kleine Geschichte erzählen. Für mich ist es auch eine Antwort auf die Frage!
Meine Mutter hat Schnee immer sehr geliebt – auch das Schneeschippen. Im November 2017 hat sie sogar noch davon gesprochen, daß sie gerne noch einmal Schnee schippen würde. Es sollte nicht sein. Bis zum 1. Dezember war es kühl, aber es zeigte sich keine einzige Schneeflocke. Erst am ersten Advent (am 3. Dezember) schneite es ein bißchen. Ich stand am Fenster ihres Hospizzimmers und habe ihr davon erzählt, es war in dem Moment aber nicht mehr wichtig. Der Schnee schmolz wieder weg und am 5. Dezember starb meine Mutter. Es folgten die üblichen Aufgaben – Gespräch mit dem Bestattungsunternehmen, Gestaltung und Text für die Karte, Gespräch mit dem Pfarrer. Schon während dieses Gesprächs passierte etwas Merkwürdiges, das ich mir bis heute nicht erklären kann. Es klingelte, jemand von Amazon drücke mir einen Umschlag in die Hand und in dem Umschlag war ein Buch, das ich nie bestellt hatte. Es war der Bericht eines Menschen, der Sterbende in einem Hospiz begleitete. Ich weiß bis heute nicht, warum oder von wem ich dieses Buch erhalten habe. Nach dem Gespräch mit dem Pfarrer fing ich an, die Briefumschläge zu adressieren. Als ich am Freitagmorgen aufwachte schneite es. Ich freute mich, denn – wie meine Mutter – mochte ich Schnee immer sehr gerne. Vor allem freute ich mich, weil ich an dem Wochenende einen Weihnachtsmarkt besuchen wollte – ich fand, das ich mir das verdient hatte. Tja…..
Der Schneefall wurde stärker und stärker. Viele Jahre hatte es nicht so viel geschneit. Es fuhren keine Busse mehr, selbst Autos konnten unsere Siedlung kaum verlassen, mit Mühe und Not habe ich im Supermarkt noch eine Tageszeitung mit der Todesanzeige ergattert. Es schneite fast ununterbrochen bis Sonntag. Ich habe noch nie in meinem Leben so viel Schnee geschippt, so viel an meine Mutter gedacht und mir vorgestellt, daß sie jetzt gerade – als ersten Job im Himmel – das Ausschütteln der Betten übernommen hat. Ja, und wenn sie eine Aufgabe übernimmt, dann macht sie das richtig. So richtig richtig …..
Am Montag schneite es nicht mehr und es wurde ein bißchen wärmer, der Schnee taute langsam. Es sah wieder ziemlich normal aus, auch der Dienstag war (bis auf ein paar Schneereste) ziemlich normal. Am Mittwoch war die Beerdigung. Es war trocken und sogar sonnig. Ich habe am Morgen noch den Himmel fotografiert. Als wir aus der Kapelle herauskamen rieselten ein paar Schneeflocken vom Himmel – das war für mich ein schönes Zeichen, sozusagen der letzte Gruß meiner Mutter und ich habe dem Pfarrer noch kurz auf dem Weg zum Grab erzählt, wie sehr sie sich über diese Schneeflocken freuen würde. Nach der Beerdigung schneite es nicht mehr. Aber Schneeflocken haben seitdem – noch viel mehr als vorher – etwas Schönes und Tröstendes für mich.
Gibt es Zeichen? Für mich ja. Sie wollte nicht, daß ich an dem Wochenende zum Weihnachtsmarkt gehe und ich habe das verstanden. Und sie wollte mich trösten und mir etwas Schönes zeigen, als ich auf dem Weg zum Grab war. Für mich sind das Zeichen – kleine wunderbare schneeweiße Zeichen.
Einfach eine schöne Geschichte! Wenn es denn dann in diesem Winter einmal schneien sollte, werde ich sicherlich an diese Geschichte denken.