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Da steht sie, die „eins“ und läutet meine „Assoziationen 2022“ ein. Eduardo Gaetano schreibt in seinem ersten Kapitel (in dem Buch „Los hijos de los dias“, deutsch „Kinder der Tage“), dass der erste Januar nur für einen Teil der Menschen der Jahresanfang ist. Es ist ein durch „Rom“ festgelegter Termin. Ja, spannend – dachte ich beim Lesen während meine Gedanken schon in völlig andere Richtungen davongaloppierten. Aber wie ist es denn mit der „eins“ an sich? Steht sie nicht für den Anfang? Und was ist eigentlich mit den anderen Zahlen…..

Aber erst einmal die „1“. Für mich ist heute der erste Tag des neuen Jahres. Das Jahr liegt vor mir – wie ein leeres Blatt oder wie die erste Seite eines noch nicht gelesenen Buches. Es ist (wie jedes Jahr) in einem gewissen Sinn ein Anfang – so wie dieser Blogbeitrag auch (nach längerer Blogpause) ein Anfang ist. Das Textfeld liegt vor mir. Die Sätze, die sich vorhin beim abendlichen Spaziergang noch so schnell formten, verlieren sich vor dem leeren Feld. Ich schwanke zwischen Hesses Gedichtzeile „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ und dem wohl Laotse zugeschriebenen Spruch, dass eine Reise von tausend Meilen mit einem Schritt (also dem ersten Schritt!) beginnt. Der erste Tag des Lebens, der erste Tag des Jahres, der erste Tag des Monats, der erste Tag einer neuen Tätigkeit – Anfänge, immer wieder Anfänge.

Auf der anderen Seite steht die „1“ oft für das Herausragende. Der/die Erste sein, der Gewinner/die Gewinnerin, sozusagen die Goldmedaille. Und ohne Anfang keine Meisterschaft. Es ist erstaunlich, dass die „1“ so gleichzeitig den Beginn und den Mut, der zum Beginnen gehört, charakterisiert als auch den ultimativen Erfolg, den die meisten Menschen zumindest objektiv nicht erreichen. Aber subjektiv?

Es gibt viele Begriffe, die wir nur in der Einzahl („Ein“-Zahl) verwenden oder die zumindest ihren Sinn/Inhalt verändern, wenn wir sie nicht in der Einzahl einsetzen. Mir sind spontan beim Abendspaziergang Begriffe wie Dankbarkeit, Zuhause, Dach über dem Kopf, Liebe, Seele eingefallen, aber auch Armut, Einsamkeit, Mutlosigkeit. Und es gibt Dinge, die wir nur einmal „erleben“ können – unsere eigene Geburt und unseren Tod.

Ja, und dann habe ich mich noch gefragt, welches Buch/welche Geschichte für mich die Zahl „1“ irgendwie beinhaltet? Ich habe einerseits sofort an das Buch (das ich noch lesen muß) „Jeder stirbt für sich allein“ von Hans Fallada gedacht. Aber dann schob sich „Pawlowa“ dazwischen – die Eselin, die in dem Buch von Brian Sewell die absolute Hauptrolle spielt. Es ist dieser eine Esel, der eine Reise und auch ein Leben verändert.

Damit wünsche ich Euch/Ihnen einen wunderbaren Start in das neue Jahr – mögen sich die leeren Blätter dieses Jahres mit lauter schönen, interessanten und spannenden Geschichten füllen und am Ende ein Lesegenuß sein.

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