Sie ist mir fremd, die Esskastanie und doch gehört sie zu Weihnachten oder zumindest zu den Weihnachtsmärkten. Noch vor ein paar Tagen habe ich sie (die Esskastanie) in Siegen auf dem mitelalterlichen Weihnachtsmarkt gesehen. Eine längere Schlange hatte sich vor dem Stand gebildet. Ein guter Duft lag in der Luft und doch hat mich das nicht gereizt. Tatsächlich verbinde ich kulinarisch recht wenig mit Esskastanien. Das mag aber mehr an mir liegen als an ihr. Eine wirklich gute Erinnerung gibt es – an kandierte Esskastanien (sogenannte Marrons glacés). In meiner Kindheit hatte eine Arbeitskollegin meines Vaters meinen Eltern eine Schachtel Marrons glacés geschenkt, ich durfte probieren und war hingerissen. Als ich viele Jahre später das Wintersemester in Frankreich verbrachte, habe ich diese Leckerei in den französischen Geschäften gesucht und (neben ein paar anderen Spezialitäten) Weihnachten mit nach Wuppertal gebracht. Wiederum viele Jahre später habe ich meiner Mutter und mir eine kleine Schachtel von einer Konditorei am Bodensee schicken lassen. Mittlerweile ist es etwas einfacher geworden, sie zu finden. Vielleicht ist meine Erinnerung auch stark damit verbunden, dass es ein sehr seltener Genuß war. Wer weiß.
Gerade erst habe ich gelernt, dass zwar jede Marone eine Esskastanie ist, aber nicht jede Esskastanie eine Marone. Spannend. Mir fehlt für diesen Baum völlig das Grundwissen. Für die Römer war die Esskastanie eine Delikatesse – was die spannnende Frage aufwirft, wie sie die Esskastanie zubereitet haben. Im Laufe der Zeit wurde die Esskastanie dann jedoch ein Grundnahrungsmittel der ärmeren Bevölkerung, sozusagen das Brot der armen Leute. Dabei rechnete man einen Baum pro Mensch, denn ein Mensch braucht circa 150 bis 200 kg Esskastanien, ein Baum bringt eine Erntemenge von circa 100 bis 200 kg.
Interessant ist, dass Hildegard von Bingen sich mit Esskastanien auseinandergesetzt hat. So empfiehlt sie bei Herzschmerz und Traurigkeit den Verzehr roher Edelkastanien. Essbar sind sie wohl auch roh, aber nicht unbedingt eine Delikatesse. Ob Hildegard von Bingen das selber probiert hat? Ich wage es, das zu zu bezweifeln!
Tatsächlich haben es die Esskastanien auch in unsere alltägliche Sprache geschafft. Bei „die Kastanien aus dem Feuer holen“ habe ich nie darüber nachgedacht, wo dies herkommt. Tatsächlich geht es um Esskastanien und Grundlage dafür ist die Fabel „Der Affe und die Katze“ von La Fontaine (der übrigens in den Musketierromanen von Alexandre Dumas einen Auftritt hat……). Aus der Schweiz (wohl aus dem Tessin) kommt ein Märchen, in dem Esskastanien eine Rolle spielen und ein Märchen über einen Kastanienkönig gibt es auch.
Ich selbst werde den Esskastanien demnächst mal eine Chance geben – ich habe eine Packung Esskastanien gekauft und werde mal überlegen, was ich damit ausprobieren kann. In diesem Sinne wünsche ich Euch einen fröhlichen Abend – auch ohne rohe Esskastanien!