Es gibt keinen anderen Tag im Jahr, den ich so stark mit „Gehorsam“ verbinde, wie den Nikolaustag. Die Frage „seid Ihr auch brav gewesen“ ist für mich fast untrennbar mit diesem Tag verbunden. Aber: ist es wirklich gut, gehorsam und brav zu sein? Nein, schreibt Arno Gruen in seinem Buch „Wider den Gehorsam„.
Gehorsam und die Auswirkungen des Gehorsams sind ein sperriges Thema. Wir Menschen halten uns für autonom, eigenständig und authentisch. Aber sind wir das wirklich? Oder wurden wir seit unserer Kindheit „verändert“ und von unserer eigenen Identität entfremdet? Lehnen wir (unbewußt) in anderen Menschen das ab, was uns „verboten“ und damit „entfremdet“ wurde?
Das Thema ist nicht leicht und beim Lesen des Buches habe ich mehr als einmal schwer geschluckt. Gerade das Milgram-Experiment zeigt ziemlich eindrucksvoll, welche Folgen Gehorsam haben kann. Das Problem ist schlicht und einfach, daß das Vertrauen in die Autorität („die wollen ja nur unser Bestes“) gleichzeitig dazu führt, daß wir uns selbst – weil wir ja gehorsam sind – nicht mehr verantwortlich fühlen. Kein wirklich „schöner“ Gedanke …..
Glücklicherweise bietet das Buch auch einen „versöhnlichen“ Ausblick – wenn wir auch auf unsere Gefühle und nicht nur auf unseren Verstand hören, wenn wir uns Mitgefühl erlauben, dann können wir uns andere Perspektiven erleben und uns vom (kritiklosen) Gehorsam entfernen. Und das wäre doch ein schönes Nikolausgeschenk, oder?