Die zwanzig ist der Beginn einer neuen Dekade und damit läutet sie auch die Zielgerade des Adventskalenders ein. Nur noch wenige Tage und das „Projekt“ ist für dieses Jahr beendet. Was aber fällt mir zur zwanzig ein?
Die Geschichte „The Bridge of San Luis Rey“ von Thornton Wilder beginnt damit, daß am zwangzisten Juli 1714 eine Brücke in Peru in die Tiefe stürzt. Fünf Menschen werden bei dem Einsturz mitgerissen und ein Mönch stellt sich der Frage, warum gerade diese fünf Menschen ihr Leben verloren. Schicksal? Unglück?
Auch Galileo Galeli erlitt einen Absturz – allerdings nicht physisch von einer Brücke, sondern intellektuell durch den Zorn des Papstes über sein Werk „Dialog über die zwei Weltsysteme“. Galilei hatte durchaus den offiziellen Weg eingehalten und eine vorläufige Druckerlaubnis erhalten. Aber dann lief einiges schief und schließlich wendete sich der vormals freundlich gesonnene Papst gegen Galilei – ein Inquisitionsprozeß war die Folge. Diese Zeit wird im zwanzigstens Kapitel von Dava Sobels Buch „Galileo’s Daughter“ eindrücklich beschrieben.
Wäre der Papst auch dann zornig gewesen, wenn er sich mit dem zwangzisten Spruch von Epiktet aus dem „Buch vom geglückten Leben“ auseinandergesetzt hätte? Es ist eine interessante Perspektive, daß die Kränkung nicht in dem liegt, was jemand anderes macht oder sagt, sondern in unserer Meinung. In ruhigen Moment steckt viel Wahrheit in diesem Gedanken, aber ob ich das im Moment der gefühlten Kränkung oder des Zorns noch sehen kann?
Womit kann man besser umgehen? Mit einem „intelligenten Teufel“ oder einem „gutwilligen Idioten“? Das ist die Frage, die Tony Judt im zwangzisten Kapitel des Buches „The Memory Chalet“ mit der Überschrift „Capitve Minds“ stellt. Es geht um das Spannungsverhältnis zwischen Autonomie und Gehorsam – gerade am Beispiel Osteuropas in den 60er und 70er Jahren. Können wir wirklich über andere Menschen und deren Entscheidungen oder Vorgehensweisen urteilen, wenn wir nie unter Bedingungen der Unfreiheit und der Unterdrückung gelebt haben? Eine Frage, die gerade jetzt wieder sehr aktuell ist – auch in Europa!
Ein trauriger Ausblick? Nein, keinesfalls, eher nachdenklich. Daher wünsche ich Ihnen/Euch einen 20. Dezember mit guten Gedanken und mit viel Gelassenheit.