R: „The Tunnel“ (Pilgrimage) von Dorothy Richardson

Schon wieder ist ein Monat vorbei. Und schon wieder habe ich nicht einmal ansatzweise all das gelesen, was ich für die Booklover-Challenge lesen wollte. Aber immerhin habe ich meine „Aufholjagd“ für „Reading Pilgrimage“ fast beendet. Deswegen stellt ich hier auch eines der Bücher aus dem „Pilgrimage-Zyklus“ von Dorothy Richardson vor.

Auf Twitter gibt es den Account „Neglected Books“ – dort werden Bücher vorgestellt, die viele Menschen nicht (noch nicht oder nicht mehr) kennen. Eine schöne Idee und ich lese die Tweets sehr gerne. Seit Anfang des Jahres lesen nunmehr einige Menschen zusammen die 13 Bücher von Dorothy Richardson – jeden Monat ein Buch, in einem Monat zwei. Eine schöne Gelegenheit, diese Bücher auch zu lesen. Allerdings habe ich es im Januar/Februar nicht geschafft, jeweils rechtzeitig fertig zu werden, so daß ich im Mai/Juni eine Art Aufholjagd starten mußte. Jetzt bin ich fast mit Buch Nr. 6 durch, vorstellen möchte ich aber Buch 4 – The Tunnel.

Der Name der Autorin sagte mir vor den Tweets und dem Leseprojekt ehrlich gesagt gar nichts. Interessant ist aber, dass Dorothy Richardson als erste englischsprachige Autorin den Roman in der Erzähltechnik des „stream of consciousness“ veröffentlich hat. Sehr oft wird sonst James Joyce mit dieser Erzähltechnik in Verbindung gebracht, Dorothy Richardson hat aber anscheinend schon vor ihm mit dieser Erzähltechnik gearbeitet.

Jedes Buch erzählt einen gewissen Zeitraum aus dem Leben der Protagonistin Miriam Henderson. Während sie im ersten Buch nach Deutschland aufbricht, um dort an einer Schule zu arbeiten, sie im zweiten Buch in einer Schule in London arbeitet (was ihr nicht ganz so viel Freude bereitet), hat sie im vierten Buch – The Tunnel – die Schulen und den Bereich der „Erziehung“ verlassen. Es ist ein richtiger Umbruch. Sie bezieht ein kleines (und ärmlich klingendes) Zimmer in London bei Mrs Bailey und arbeitet in einer Zahnarztpraxis. Dort kümmert sie sich um viele unterschiedliche Dinge – die Vorbereitung der Behandlungsräume und der benötigten Gegenstände und Materialien, aber auch die Abrechnungen und andere eher administrative Dinge. Wenn man bedenkt, dass das Buch 1919 erschienen ist, dann ist das gleichzeitig ein spannender Einblick in die Zahnmedizin am Anfang des 20. Jahrhunderts als auch in die Berufswelt einer jungen unverheirateten Frau. Gleichzeitig ist es eine wunderbare Schilderung ihrer Tage und Wege in London und der Menschen, die ihr begegnen (das zieht sich auch durch die weiteren Bücher, jedes Buch ist einzigartig!).
Aus der Sicht von Miriam selbst erzählt, hatte ich oft den Eindruck ihr bei ihren Gedanken (zum Beispiel über Einsamkeit und den Umgang mit anderen Menschen) über die Schulter zu blicken, ihr in geringem Abstand beim Lesen zu folgen, ohne ihr jemals wirklich nahe sein zu können. Viele ihrer Gedanken konnte ich gut nachvollziehen, manche Stellen fand ich besonders schön.

Ich bin ehrlich gesagt auf die weiteren 7 Bücher sehr gespannt und sehr dankbar, dass ich dieses spannende Projekt entdeckt habe (auch wenn es mich immer wieder ein bißchen unter Lesezeitdruck setzt).

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