Wie kommt etwas für mich Neues in meine Welt? Das ist die zusammenfassende Frage meines ersten Beitrags. Ich habe in der Zwischenzeit viel über diese Frage und das Thema an sich nachgedacht. Denn: auch wenn ich „das Neue“ auf etwas für mich Neues beschränke, so haftet doch dem Begriff „neu“ immer noch mehr an – gleichzeitig Glanz und Last. Nicht umsonst stehen die ersten Januartage im Zeichen der „Neujahrsvorsätze“ – dabei kann man auch zu jeder anderen Zeit des Jahres Neues beginnen (vielleicht sogar besser!)….
Vor ein paar Tagen habe ich (aus NEUgier) ein paar Menschen gefragt, wie sie selbst auf neue Ideen kommen – die Frage paßte thematisch in dem Moment gut. Interessanterweise haben einige geantwortet, dass sie sich dann um neue Ideen kümmern, wenn es notwendig ist – wenn man also ein konkretes Problem lösen muß. Ein spannender Gedanke – denn einerseits kann ich das durchaus nachvollziehen, andererseits vermute ich, dass es bessere Wege gibt. Aber es paßt zu einem Gedanken, den ich Ende der letzten Woche hatte – was, wenn man „neu“ durch „anders“ ersetzt?
Vor vielen Jahren wollten meine Mutter und ich Silvester ein klassisches Fondue machen. Am Silvesternachmittag machten wir noch einen Spaziergang und meine Mutter erzählte, was sie gleich zuhause zur Vorbereitung des Fondues machen würde. Sie ging alle Schritte durch und stockte plötzlich, denn wir hatten kein Fett im Haus. Wir hatten schlicht und einfach vergessen, diese Zutat zu kaufen und alle Geschäfte hatten schon geschlossen. Was nun? Es war die Zeit „vor“ dem Internet, eine Internetsuche gab es also noch nicht. Ich habe zuhause in ein paar Rezeptheften und Kochbüchern geblättert und ein Rezept für Fondue mit Brühe und Sherry entdeckt. Das hatten wir beides da. Wir haben also ein Fondue mit Brühe gemacht und es hat wunderbar geschmeckt. Es sind diese kleinen Momente, die jeder Mensch mal erlebt hat, die dazu führen, dass wir Dinge anders machen – eine andere Zutat in einem Rezept, ein anderer Weg, eine andere Kombination.
Auch der Komponist Igor Strawinsky hat Dinge kombiniert, die niemand zuvor kombiniert hat. Noch vorsichtig in Petruschka – dort wechselt er von Dur zu Moll und umgekehrt, teilweise gleichzeitig und damit für damalige Zuhörerinnen und Zuhörer völlig befremdlich in Das Frühlingsopfer (Le sacre du printemps) – wo Dur und Moll gleichzeitig erklingen. Aus heutiger Sicht hat er etwas faszinierend und bahnbrechend Neues geschaffen. Dabei hat er – eigentlich – nur die schon bekannten Tonlagen Dur und Moll ganz anders (!) kombiniert. Und ja, ohne die wunderbare Erklärung des Dirigenten (und Generalmusikdirektors) Gabriel Feltz in der Pause des Strawinsky-Ballettabends in Dortmund wäre ich nicht auf dieses Beispiel gekommen.
Das Neue kann also entstehen, wenn ich mit vorhandenen Dingen und Gedanken anders umgehe. Das Ergebnis wird für mich immer wieder anders sein (bei Rezepten nicht notwendigerweise immer gut). Es ist aber etwas, das ich relativ leicht, ohne viel Anstrengung und Nachdenken und ohne Druck immer mal wieder machen kann. Sozusagen ein erster einfacher Schritt!
Damit wünsche ich Euch und Ihnen viel Spaß (und auch Erfolg) dabei, etwas – einfach irgendetwas – anders zu machen als sonst.