R: „Die weiße Garde“ von Michail Bulgakow

Ein Buch über Befreiung – das ist gar nicht so einfach. Ja, natürlich gibt es viele Bücher, die mit dem Thema „Befreiung“ zu tun haben und ich habe auch schon viele gute Bücher dazu gelesen, aber ich hatte kein Buch griffbereit, das mich reizte. Aber: was ist eigentlich Befreiung? Wovon? Von wem oder von was? Ich mußte an die Ukraine denken – die ganz eindeutig um ihre Freiheit kämpft und für die eine erfolgreiche eigene Befreiung ein wunderbarer Erfolg wäre (und hoffentlich auch sein wird!).

Bei dem Stichwort „Ukraine“ fiel mir dann das Buch „Die weiße Garde“ von Michail Bulgakow ein. Das Buch spielt während der Bürgerkriegszeit (im Winter 1918). Bulgakow selbst stammte aus Kiew, hat sich aber – wenn ich es richtig gelesen habe – selbst nicht als Ukrainer sondern als Russe verstanden. In dem Buch schildert er die Geschichte der Familie Turpin und ihrer Freunde während dieser Zeit. Die drei Geschwister Alexej, Jelena und Nikolka haben kurz vorher ihre Mutter verloren und leben jetzt mit Jelenas Mann in einer Wohnung. In der Stadt (der Roman spielt in Kiew, die Stadt selbst wird aber nie namentlich genannt, sondern immer nur als „STADT“ bezeichnet) haben sich viele versammelt, die vor den „Roten“ geflohen sind. Die Lage ist unübersichtlich – es gibt die Deutschen, es gibt den Hetmann, es gibt die „Roten“ und es gibt die Männer von Petljura. Talberg, Jelenas Ehemann, verläßt die Stadt mit den Deutschen. Danach wird die Lage unübersichtlich. Das, was ich bisher in einigen guten Vorträgen über ukrainische Geschichte gehört und in dem ein oder anderen Buch über die Geschichte der Ukraine auch gelesen habe, wird hier zur konkreten Geschichte einer Familie (wobei die Geschichte vermutlich zu einem guten Teil auf den persönlichen Erfahrungen von Bulgakow basiert, der – wie Alexej – auch Arzt war).

Wer möchte also von wem befreit werden? Wer soll gewinnen? Und wie kann man überleben? Das sind Fragen, die dieser Roman an einem kleinen zeitlichen und persönlichen (die Geschwister Turpin) Ausschnitt aufgreift. Es sind so grundlegende Fragen wie „habe ich jetzt Angst“, die sich Nikolka vor seinem ersten Einsatz stellt, aber auch der Umgang mit dem Zufall – habe ich Glück und überlebe ich oder habe ich Pech und überlebe nicht? Was wäre gewesen, wenn ich den anderen Weg genommen hätte? Es ist das Schicksal, das an vielen Stellen in diesem Buch entscheidet. Und (fast) jeder hat ein anderes Ziel, es eint sie eigentlich nur, dass sie überleben wollen.

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