Noch nicht gelesen …..

Vor ein paar Tagen wurde mir die Frage gestellt, welches Buch ich denn gerne mal lesen würde und selber noch nicht besitze. Eine gar nicht so einfache Frage! Meistens kaufe ich Bücher ja sehr spontan. Ich schlendere durch eine Buchhandlung, schaue mir hier und da ein Buch an und meistens habe ich nach kurzer Zeit dann einen kleineren Stapel von interessanten Büchern in meinen Armen.

Aber eine solche Frage unbeantwortet lassen? Das geht auch nicht – also habe ich einfach mal ein bißchen geblättert und gesucht und diese Auswahl von Büchern gefunden, die ich gerne lesen würde und die sich bisher in keinem Buchstapel bei mir „verstecken“.

Die Reihenfolge ist willkürlich und irgendwie beliebig, gerade weil viele unterschiedliche Themen vertreten sind wäre ein „Ranking“ überhaupt nicht sinnvoll.

Schon seit vielen Jahren faszinieren mich Vulkane. In Island und Neuseeland habe ich natürlich die Gelegenheit wahrgenommen, mir die faszinierenden Vulkanlandschaften aus der Nähe anzuschauen. Aber auch historisch ist das Thema sehr interessant, deshalb ist mir das Buch „Tambora und das Jahr ohne Sommer“ von Wolfang Behringer ausgefallen.

Island ist ein gutes Stichwort, denn durch Zufall habe ich bei meiner „Recherche“ auch einen historischen Krimi aus Island gefunden, der mich sehr interessiert: Schwarze Vögel von Gunnar Gunnarsson.

Sehr reizvoll finde ich auch das Buch über Miguel de Cervantes von Uwe Neumahr (wobei ich mir auch endlich einmal eine Übersetzung des „Don Quijote“ zulegen sollte, in der spanischsprachigen Version bin ich über die ersten circa 20 kurzen Kapitel bisher nicht hinaus gekommen …..).

Von Cervantes ist es gedanklich (und zeitlich) nicht weit zu William Shakespeare. Einige Stücke habe ich ja schon öfter gelesen (und „zitiere“ ich gelegentlich), aber einen Überblick über die Theaterstücke habe ich nicht. Das Buch „Der Shakespeare-Führer“ von Ulrich Suerbaum spricht mich daher sehr an.

Aber auch rechsgeschichtliche Themen können sehr spannend sein – daher reizt mich auch das Buch „Margarethe und der Mönch“ von Michael Stolleis.

Von der Autorin Sigrid Damm habe ich schon ein Buch über Goethe gelesen. Insofern finde ich es spannend, daß sie nun auch ein Buch über Goethes Schwester „Cornelia Goethe“ geschrieben hat – das ist sicherlich auch sehr lesenswert und kommt daher auch auf meine „Liste“.

Als ich gestern den Adventskalenderbeitrag für den 15. Dezember geschrieben habe, bin ich über ein mir unbekanntes aber sehr spannendes Buch über die Truth and Reconciliation Commission in Südafrika gestolpert – David Harris-Gershon setzt sich in seinem Buch intensiv mit dem Buch „Country of my skull“ von Antjie Krog auseinander. Ja, das interessiert mich auch!

Vor ein paar Monaten habe ich in einer Zeitschrift etwas über Mahatma Ghandi gelesen – das fand ich sehr interessant. Dabei ist mir aufgefallen, daß ich mich bisher überhaupt nicht mit Ghandi beschäftigt habe – weder mit seinen Schriften noch mit seinem Leben. Eine große Lücke in meinem Bücherregal – beispielhaft habe ich ein Buch über sein Leben und eine Auswahl seiner Werke gefunden.

Mit Gandhi verbinde ich gedanklich das „Gehen“. Daher paßt auch das Buch „Lob des Gehens“ von David Le Breton gut an dieser Stelle.

Manchmal bestimmen geographische Gegebenheiten trotzdem sehr stark die Politik und die Geschicke eines Landes oder einer Region. Tim Marshall hat das zum Thema seines Buches „Die Macht der Geographie“ gemacht – das macht mich sehr neugierig.

Zum Thema „Macht“ paßt wiederum das Buch „Normativität und Macht“ von Rainer Forst. Es mag auf den ersten Blick trocken klingen, das Thema ist aber wichtig und (ja, schon wieder) hochaktuell.

Um Macht geht es auch im Buch über „Eva Peron“ von Ursula Prutsch – aber auch um den Mythos. Ein spannendes Buch, das mich sehr interessiert.

Macht hat natürlich auch mit Geld zu tun und deswegen steht auf meiner Leseliste auch (schon lange) das Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ von Thomas Piketty.

Die negative Seite der Macht kommt sicherlich in dem Tagebuch der Rywka Lipszyc zum Tragen – auch ein Buch, das ich nicht verpassen möchte.

Zeitlich paßt dazu wiederum „The Partnership“ von Pamela Katz – ein Buch in dem es unter anderem um Bertolt Brecht und Kurt Weill geht.

Ein Blick nach Spanien? Mit „Nada“ von Carmen Laforet wäre das gut möglich und sicher sehr spannend.

Der Blick in andere Regionen (und auch Zeiten) ist immer interessant – daher reizt mich auch das Buch „Die Erkundung der Welt“ von Jürgen Sarnowsky.

Passend zu diesem Thema hat Alastair Bonnett ein Buch über „Die seltsamsten Orte der Welt“ geschrieben. Eine faszinierende Liste von Orten …..

Doch auch Isfahan ist ein solcher Ort und damit gehört auch das Buch „Der Kalligraph von Isfahan“ von Amir Hassan Cheheltan hierhin.

Die moderne Variante könnte dann „Syrien verstehen“ von Gerhard Schweizer sein.

Gehen wir eigentlich klug mit diesen ganzen Themen um? Und was ist eigentlich Klugheit, was ist Dummheit? Auch dies ist eine spannende Frage und deshalb ist das Buch „Dummheit“ von Werner van Treeck faszinierend. Es ist unglaublich wieviele Aspekte es zu diesem Thema gibt!

16. Dezember – die sechzehn

Schon vor ein paar Wochen habe ich angefangen, mir auf einem großen Blatt Notizen zu den einzelnen Zahlen zu machen. Bald füllten sich die meisten Felder – manche mehr, andere weniger. Das Feld der Zahl sechzehn blieb lange leer, verdächtig lange. Aber genau darin liegt auch die Herausforderung – zu jeder Zahl etwas Passendes zu finden.

Gleich zweimal ist Thomas Edward Lawrence mit der sechzehn verbunden. Er kam am 16. August 1888 zur Welt und ab 1916 war er der britische Verbindungsmann zu den Aufständischen um Scherif Hussein, die gegen das Osmanische Reich kämpften. Damit wurde er als „Lawrence von Arabien“ berühmt. Vor ein paar Jahren gab es in Köln eine sehr gute Ausstellung rund um seine Person – die Audioguides zu dieser Ausstellung kann man immer noch anhören. Ich frage mich angesichts der aktuellen Ereignisse ja schon, welchen Einfluß die damaligen Entscheidungen auf die heutige Lage haben.

Was wäre zu diesem Thema passender als eine Geschichte aus tausendundeiner Nacht? Es muß natürlich die Geschichte der sechzehnten Nacht sein. Die Geschichte fängt spannend an und dann unterbricht Scheherasade die Geschichte, damit der König voller Spannung auf die Fortsetzung sie weiter am Leben läßt. Wir können natürlich ganz unten auf die Fortsetzung klicken ……

Auch das Essay sechzehn von Francis Bacon über den Atheismus paßt thematisch. Bacon war der Ansicht, daß oberflächliches Philosphieren zur Gottesleugnung führt, während tiefes Nachdenken den Menschen zur Religion zurück führt. Dabei beschränkt er sich in diesem Essay keinesfalls auf christliche Religionen, sondern führt gerade die alten Römer als Beispiel für Frömmigkeit und Religion an. Ob er wohl wirklich in religiösen Dingen so „weltoffen“ war? Jedenfalls ist die Frage, wie wir mit Religionen und religiösen Werten umgehen, eine hochaktuelle Frage.

Ja, das habe ich schon oft geschrieben, daß eine Frage aktuell ist. Und wenn ich das immer wiederhole, wird es dann selbstverständlich? So argumentiert zumindest das sechzehnte Kapitel mit der Überschrift „Serienschaltung“ aus dem Buch „Selbstdenken“ von Jens Soentgen. In diesem Buch werden zwanzig Praktiken der Philosophie vorgestellt, die ständige Wiederholung, die durchaus auch abschreckend und trivialisierend wirken kann, gehört dazu.

Zum Selbstdenken gehört einerseits die Einsicht, andererseits die gute Absicht – und wie gut ist es, daß Baltasar Gracian beides in seinem sechzehnten Spruch des Handorakels „Einsicht mit redlicher Absicht“ vereint hat.

So bleibt mir für heute nur noch, Ihnen/Euch für den 16. Dezember viele gute Einsichten und redliche Absichten für ein gutes Gelingen zu wünschen!

15. Dezember – die fünfzehn

Ein Zufall! Vor etwas mehr als zwei Wochen war ich in Berlin. Ich besuchte zwei Tagungen und – natürlich – besuchte ich auch die eine oder andere Buchhandlung. Auf der Rückfahrt von Berlin (ich hatte damals schon die Idee zu diesem Adventskalender und dachte intensiv über die einzelnen Zahlen nach) las ich in dem Buch „Masse und Demokratie“ von Stefan Jonsson das erste Kapitel und begnete dort der Zahl fünfzehn. Wirklich ein Zufall, aber gleichzeitig auch ein wichtiger Fund.

Was geschah in Wien am 15. Juli 1927? Ich konnte diese Frage nicht beantworten, die Schilderung in dem Buch „Masse und Demokratie“ nahm mich sofort gefangen. In den 20er Jahren gab es in Österreich wohl eine deutliche Spaltung zwischen der sozialdemokratischen Bewegung und den radikalen Konservativen. Sonntags fanden in vielen Orten Demonstrationen statt. Bei einer Demonstration in Schattendorf wurden zwei Menschen durch Schüsse in den Rücken erschossen – ein Arbeiter und ein achtjähriger Junge. Am 14. Juli 1927 sprachen die Geschworenen die Angeklagten (alles sogenannte „Frontkämpfer“) frei, obwohl diese die Tat selbst gestanden hatten. Am nächsten Morgen verkündeten die Zeitungen das Urteil und es kam zu einer spontanen großen Demonstration der Arbeiter. Die Demonstranten belagerten unter anderem den Justizpalast. Am frühen Nachmittag eröffnete die Polizei das Feuer. 89 Menschen starben, über 1000 Menschen wurden verletzt – gleichzeitig kann man sagen, daß an diesem Tag die demokratischen Formen zusammenbrachen. Es ist interessant zu lesen (und auch in Bildern zu sehen), wie unterschiedlich diese Ereignisse je nach Perspektive des Berichtenden wahrgenommen und erzählt wurden. Die Gegenüberstellung dieser unterschiedlichen Perspektiven macht das erste Kapitel wirklich interessant.

Um den Umgang mit Gewalt geht es auch im Buch „What do you buy the children of the terrorist who tried to kill your wife?“ von David Harris-Gershon. Im fünfzehnten Kapitel setzt sich David, der Ehemann einer Frau, die bei einem Terroranschlag in Israel schwer verletzt wurde, damit auseinander, daß er als Angehöriger auch ein Opfer ist. Das enge Mitleiden mit dem Opfer – so Harris-Gershon – kann uns selbst zum Opfer werden lassen. Er lernt dies aus der Beschäftigung mit der südafrikanischen Truth and Reconciliation Commission und den Berichten darüber – insbesondere aus dem Buch „Country of my skull“ von Antjie Krog. Das ist der Moment, wo Harris-Gershon nicht nur die brutale Unmenschlichkeit des Terroranschlags sieht, sondern auch die Frage der Menschenrechte für Palästinenser. Eine Entwicklung die dazu führt, daß er Frieden und Versöhnung und das Gespräch mit dem Täter sucht. Ein sehr lesenswertes Buch!

Welchen Einfluß haben eigentlich Armut und Chancenlosigkeit auf unseren Umgang miteinander? Eine Frage, die wir wohl bald diskutieren sollten. Die „23 things they don’t tell you about Capitalism“ von Ha-Joon Chang könnten dabei durchaus helfen. Oft wird behauptet, daß die Menschen in ärmeren Ländern einfach nur nicht unternehmerisch genug sind, einfach nicht die richtige „Haltung“ haben. Aber so einfach ist es nicht, eher im Gegenteil. Und Kapitel fünfzehn aus diesem Buch anaylisiert genau diese Frage.

Und wie wäre es mit etwas „Sanftmut“, denn darum geht es im fünfzehnten Kapitel von „Ermutigung zum unzeitgemäßen Leben“ von André Comte-Sponville. Comte-Sponville beschreibt die Sanftmut als eine weibliche Tugend – und zwar als Mut ohne Gewaltsamkeit, Stärke ohne Härte und Liebe ohne Zorn. Vielleicht ist es treffender Sanftmut als Gegenteil der Barbarei und damit als Synonym für Zivilisation zu sehen. Eine Tugend, die wir auch heute dringend brauchen – und zwar unabhängig davon, ob wir nun männlich oder weiblich sind.

In diesem Sinne möchte ich Ihnen/Euch einen guten und wahrhaft zivilisierten 15. Dezember wünschen.

14. Dezember – die vierzehn

Die vierzehn ist eine Zahl, die mir auf den ersten Blick ein bißchen sperrig erscheint. Ja, seit vierzehn Tagen schreibe ich jetzt Adventskalenderbeiträge – aber kann das alles sein, was die vierzehn bietet? Wohl kaum.

Im Buch „111 Tugenden, 111 Laster“ von Martin Seel ist der vierzehn das Thema „Neugier“ zugeordnet – mit der „Schaulust“ als negativer Seite und dem Wissensdurst (wunderschön beschrieben als „Affäre mit dem Wissen) als positiver Seite. Ja, das trifft es und das motiviert mich für die weitere Suche zu dieser Zahl.

Zu dem Buch über die Tugenden und Laster paßt der Essay vierzehn aus dem ersten Buch von Michel de Montaigne hervorragend – er trägt nämlich den Titel „Ob wir etwas als Wohltat oder Übel empfinden, hängt weitgehend von unserer Einstellung ab.“ Was für die Neugier paßt, trifft auch auf andere Bereiche zu. Montaigne geht sogar so weit, Tod, Armut und Schmerz als Beispiele anzuführen. Ein Gedanke, der durchaus verstörend ist – vor allem, da Montaigne Religionen als Beispiel dafür anführt, daß Menschen bereit sind für ihre Überzegung ihr Leben zu opfern. Ja, plötzlich ist Montaigne hochaktuell ….

Zu diesem düsteren Thema paßt dann wiederum das Kapital vierzehn „War games“ aus dem Buch „Tudors“ von Peter Ackroyd. Nur wenige Jahrzehnte bevor Montaigne seine Essays schrieb, durchlebten England, Frankreich und Spanien eine schwierige – ja geradezu kriegerische Zeit – die ihren Höhepunkt in der Belagerung von Boulogne fand. Die militärischen und diplomatischen Schachzüge der Beteiligten, die wechselnden Bündnisse und Feindschaften sind aus heutiger Sicht erstaunlich – die damals Beteiligten werden sie als extrem schwierig und unberechenbar empfunden haben. Zudem schwächte diese Zeit Englands Staatsfinanzen erheblich, die Zukunft war durch den Frieden zwischen Frankreich und Spanien weiter bedroht. Stephen Gardiner äußerte in diesem Zusammenhang, daß der schlechteste Frieden besser sei als der beste Krieg…..

Auch die Zeit um 1914 war eine unruhige Zeit. Im Rückblick schauen wir oft „nur“ auf das Attentat von Sarajevo. Philipp Blom wirft im Kapitel „1914“ in seinem Buch „Der taumelnde Kontinent“ einen Blick auf einige andere Ereignisse – auf den Mord an Gaston Calmette, die Karriere von Joseph Caillaux, die Marokko-Krise und schließlich den Mord an Jean Jaurès. So kann er die Gefühle der Angst und Unsicherheit, die damals in Frankreich bestanden, verdeutlichen. Ob Angst und Unsicherheit gute Ratgeber sind? Eine Frage, die heute leider hochaktuell ist.

In der Rückschau wissen wir, was aus den Ereignissen im Sommer 1914 geworden ist. Aber es ist einfach, aus der Rückschau zu urteilen und zu sagen „das war ja klar“. Serge Cicotti spricht in seinem Buch „150 psychologische Aha-Experimente“ in diesem Zusammenhang von einem Rückschaufehler oder auch von retrospektiver Verzerrung. Werden wir auch irgendwann sagen „ich habe es ja immer gewußt!“?

Die vierzehn ist aber auch die Zahl zwischen der dreizehn und der fünfzehn und in dieser Funktion bekommt sie doch noch einen sympathischeren Abschluß für diesen Tag: im Buch „The Art Forger“ von Barbara A. Shapiro findet sich nämlich zwischen dem dreizehnten und dem fünfzehnten Kapital ein (fiktiver) Brief von Isabella Stewart Gardner – der Frau, die das gleichnamige Museum in Boston begründet hat, aus dem 1990 bei einem spektakulären Coup dreizehn wertvolle Gemälde gestohlen wurden. Ein spannendes Buch, das ich gerade vor wenigen Tagen gekauft habe und das in mir natürlich die Neugier nach dem Schicksal dieser Bilder weckt. Und damit wären wir dann wieder beim Anfang …..

Ich wünsche Ihnen/Euch einen wundervollen Start in die neue Woche und viele schöne Affären mit dem Wissen!

13. Dezember – die dreizehn

Bei der Zahl dreizehn denke ich sofort an „Freitag den Dreizehnten“. Wohl kaum eine Zahl ist so stark mit der Idee von Glück oder Unglück verbunden. Faszinierend und gleichzeitig rätselhaft.

Wenig glücklich war wohl auch die Vorgehensweise von Dornröschens Eltern. Zwölf goldene Teller, zwölf geladene Gäste – was auf den ersten Blick normal und sinnvoll aussieht, stellt auf den zweiten Blick eine große Ausgrenzung dar: dreizehn Feen und nur zwölf werden eingeladen? Ich kann mir gut vorstellen, daß die dreizehnte Fee die Aufregung um die Einladung und die Vorfreude der Eingeladenen mitbekommen hat. Kein Wunder also, daß sie doch noch – wenn auch ungeladen – erscheint. Ihr „Geschenk“ für Dornröschen ist allerdings weniger schön – mit fünfzehn soll sich Dornröschen an einer Spindel stechen und tot umfallen. Die zwölfte Fee (und das ist Glück im Unglück) mildert die Verwünschung ab – aus dem Tod wird ein hundertjähriger Schlaf und ganz am Ende geht dann alles gut aus. Glück oder Unglück – was ist hier stärker?

Auch Walter Moody ist in Elearnor Cattons „The Luminaries“ ein ungebetener dreizehnter Gast. Zwölf Männer treffen sich am 27. Januar 1866 in einem Hotel im neuseeländischen Hokitika um mehrere ungewöhnliche Vorfälle (darunter das Verschwinden eines wohlhabenden Mannes) aufzuklären. Alle haben irgendwie mit den Vorfällen zu tun und wollen ihr Wissen zusammentragen, aber Walter Moody platzt völlig ungeplant in dieses Treffen. Und doch ist es ein Glücksfall für diese zwölf, daß er sein Wissen mit ihnen teilt. Gemeinsam finden sie – am Ende einer langen und spannenden Geschichte – heraus, was wirklich passiert ist.

Ist es Glück oder Unglück, wenn man in ein Kaninchenloch fällt und damit zum ungeladenen Gast einer Teegesellschaft wird? Wie würde Alice im Wunderland diese Frage wohl beantworten? Rechnen ist jedenfalls nicht ihre starke Seite, denn mit der Rechnung „vier mal fünf ist zwölf, und vier mal sechs ist dreizehn“ schleicht sie sich zusammen mit Lewis Carroll in den heutigen Beitrag.

Kann man gleichzeitig sorgfältig und gleichgültig schreiben? Und sind wir gleichzeitig die Darsteller und Zuschauer in einem Melodram? Ja, so schreibt es Bernardo Soares in Fernando Pessoas Das Buch der Unruhe und kippt damit etwas Wasser in den Wein.

Das klingt zunächst negativ, es muß aber nicht negativ sein. Unsere Stimmungen hängen ganz eng mit unseren Krisen und unserem Scheitern zusammen. Das Zusammenfallen persönlicher und gesellschaftlicher, ökonomischer und kultureller Krisen zeigt uns deutlich, daß bisherige Auswege nicht funktionieren, daß es keine Sicherheiten gibt. Dies ist gleichzeitig die Chance für uns, neue Wege zu entdecken. Was in Kapitel 13 des Buches „Miese Stimmung“ von Arnold Retzer als zusammenfassender Abschluß des Buches gedacht ist, paßt auch für diesen Beitrag. Es ist oft eine Frage der Perspektive, ob wir etwas als gut oder schlecht, als Glück oder Unglück erleben und wie wir dann damit umgehen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen/Euch einen wunderbaren 13. Dezember mit vielen glücklichen und schönen Momenten!

12. Dezember – die zwölf

Mit der zwölf erreiche ich die „Halbzeit“ des diesjährigen Adventskalenders. Bei der zwölf denke ich spontan an das Dutzend – und irgendwie verbinde ich in Gedanken mit dem Dutzend automatisch Eier. Aber natürlich gibt es auch andere Verwendungen und Assoziationen – nicht zuletzt Das wilde Dutzend.

Aber die zwölf versteckt sich auch im englischen Titel des Lustspiels von William Shakespeare „Was ihr wollt“ – in englischer Sprache eben Twelfth Night; Or, What You Will. Geschwister – insbesondere Zwillinge – gleichen sich ja manchmal wie ein Ei dem anderen. Genau mit dieser Ähnlichkeit spielt das Stück von Shakespeare und nach einigen Irrungen und Wirrungen werden fast alle Beteiligten glücklich.
Interessant ist bei dem Originaltitel die Anspielung an die winterlichen Rauhnächte, die auch bald anfangen. Zu Shakespeares Zeiten begannen mit der zwölften Nacht (der sogenannten Epiphaniasnacht) gleichzeitig die Maskenspiele. Auch heute gibt es noch solche Bräuche.

Von Masken ist es gedanklich nicht „so“ weit zu Dämonen. Um einen Dämon geht es in der Geschichte „Warum der alte Kutscher um eine Geschichte trauerte, die gerade geboren wurde“ – die Geschichte von Rafik Schami aus dem Buch „Erzähler der Nacht“ trägt (wie könnte es anders sein) die Nummer zwölf. Der Dämon muß lernen, warum er zwei Ohren und nur einen Mund hat – spannenderweise lernt er diese Lektion erst, als er aufgrund eines Wunsches seiner Frau nur noch ein kleines Ohr und zwei Münder hat. Eine schöne Geschichte, die deutlich macht, was zuhören eigentlich bedeutet und warum wir zwei Ohren haben. Nutzen wir diese zwei Ohren wirklich? Es lohnt sich übrigens sehr, diese Geschichte zu lesen!

Hören Geschworene wirklich zu? Heinricht von Kleist schildert in der Erzählung „Sonderbarer Rechtsfall in England“ wie ein Geschworener sich gegen seine elf Kollegen auflehnt und so schließlich einen Freispruch bewirkt. Eine Geschichte mit einer durchaus überraschenden Wendung. Wie gut, daß die elf Geschworenen auf diesen einen Geschworenen „hören“ mußten.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen/Euch einen schönen 12. Dezember – mit vielen guten und vergnügten Gesprächen in denen alle Beteiligten sich Zeit nehmen und gut zuhören!

11. Dezember – die elf

Wer denkt bei der Zahl elf nicht (fast) sofort an die Nationalelf und damit an Fußball? Das Bild der „elf Freunde“ ist gedanklich weit verbreitet – nicht umsonst nutzt ein „Magazin für Fußballkultur“ diese Worte als Namen.

Freunde als Lernquelle? So jedenfalls sieht es Baltasar Gracian im elften Spruch des Büchleins „Handorakel und Kunst der Weltklugheit„. Die Idee ist so sinnvoll wie einleuchtend – man kann so den Nutzen des Lernens und das Vergnügen des Gesprächs verbinden. Eine schöne Idee, die wir heute auch in sozialen Netzwerken kultivieren oder zumindest kultivieren können.

Gemeinsam können wir oft mehr bewirken als einzeln. Das können wir uns zum Beispiel beim Brainstorming zunutze machen. Wie man gemeinsam Lösungen erarbeiten kann – gerade auch für Konflikte und unter Einbeziehung der Brainstorming-Methode – wird im elften Kapitel des Buches „Die Streitschule“ geschildert. Das Buch ist übrigens sehr spannend – gerade auch, wenn man etwas über sich selbst und die eigenen Werte, Vorstellungen und Konfliktauslöser lernen möchte, es ist aber auch eine gute Grundlage für jede Art von längerfristiger Gruppen- oder Teamarbeit, weil man auch lernt, zum Start der gemeinsamen Arbeit gemeinsame Arbeitsbedingungen auszuhandeln.

Gemeinsam (oder auch alleine) etwas auf den Weg zu bringen, ist gar nicht so einfach. An manchen Tagen läuft vieles gut, an anderen Tagen scheint alles schief zu laufen. Auch Marc Aurel hat sich im fünften Buch in Spruch 11 mit den Gründen für diese Unterschiede beschäftigt. Für ihn war es eine Frage, wie man die Seele nutzt – als Kind, als Tyrann, als Lasttier oder als wildes Tier? Gerade diese unterschiedlichen „Nutzungen“ – die Schulz von Thun heute als „inneres Team“ bezeichnet, können uns unsere inneren Widersprüche gut erklären.

Auch wenn wir unsere Seele oder unser inneres Team schon „gut“ kennen, kommen wir manchmal trotzdem nicht von der Stelle. Manchmal fehlt einfach die Energie und da möchte ich noch auf Kapitel elf in dem Buch „Bleib dran, wenn dir was wichtig ist“ von Gene C. Hayden verweisen. Die Frage, mit wieviel Energie wir an etwas rangehen und ob wir „dranbleiben“ können wir durchaus positiv beeinflussen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen/Euch einen guten und erfolgreichen 11. Dezember mit vielen nützlichen und vergnüglichen Gesprächen und hoffnungsvollen Projekten und Ideen.

10. Dezember – die zehn

Zehn kleine ……(Denkpause ….) ….. Fledermäuse ….. Ja, es ist erstaunlich, wie sich Gebräuche und Gesellschaft ändern können. Aus meiner Kindheit habe ich das dritte Wort des Liedes noch anders in Erinnerung – Fledermäuse waren es jedenfalls nicht, aber der Text mit den Fledermäusen gefällt mir gut.

Bestimmte Worte oder Begriffe sind „politisch nicht korrekt“ und so seltsam das in Verbindung mit altbekannten Geschichten, Liedern oder Produkten auch ist, so gut ist es andererseits, immer wieder darüber nachzudenken, was die Nutzung eines Wortes oder Begriffes bei anderen Menschen bewirken kann. Wie würde es sich anfühlen, wenn wir mit Worten bezeichnet werden, die eine negativen Nachklang haben. Können wir uns vorstellen, wie sich das für andere Menschen anfühlt? Damit sind wir beim Thema Empathie und darum geht es im zehnten Kapital des Buches „Focus“ von Daniel Goleman. Wenn wir – zumindest für einen kurzen Moment – die Perspektive anderer Menschen einnehmen und uns auf ihre Gefühle einlassen, können wir vieles ganz anders wahrnehmen und auch Gespräche ganz anders führen.

Und manchmal – wenn man sich trotz aller Bemühungen – in Mißverständnissen verheddert, kommt der Wunsch auf, in den Kopf des Gesprächspartners blicken zu können. Ein alter Menschheitswunsch, den Manfred Schneider in seinem Buch als „Transparenztraum“ bezeichnet. Im zehnten Kapitel dieses Buches setzt Schneider sich mit der heutigen Zeit auseinander. „Endzeiten des Transparenztraums“ hat er das Kapitel genannt und fast am Ende stellt er fest, daß der Mensch heute nicht durchsichtig sondern sichtbar geworden ist. Ein spannender Aspekt, der mir beim ersten Lesen des Buches vor fast zwei Jahren gar nicht aufgefallen ist.

Was wir festhalten können: gute Gespräche brauchen Zeit. Ein guter Grund, warum Udo Marquardt in seinem Buch „Spaziergänge mit Sokrates“ in der Philosphie des Frühstücks dem Brunch den zehnten Abschnitt widmet. Wenn das Leben ein unterbrochener schöpferischer Prozeß ist, müssen wir dann wirklich starr zwischen Frühstück und Mittagessen trennen? Oder können wir sie (in einem Regelbruch) untrennbar vereinbaren – eben im Brunch? Was ist wesentlicher: die Spaltung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft oder die Idee der Dauer, die Vergangenes bewahrt aber auch Zukünftiges schon in sich trägt?

Beim Stichwort „Regeln“ dürfen natürlich die zehn Gebote nicht fehlen. In einem gewissen Sinne enthalten die zehn Gebote eine kurze Zusammenfassung der Spielregeln unserer Gesellschaft. Ja, vieles haben wir im Laufe der Zeit verändert – aber die Grundlagen sind schon noch erkennbar. Zu diesen Spielregeln paßt der Fragebogen X von Max Frisch gut mit Fragen rund um das Thema „Eigentum“. Es gibt Fragen, die einen – gerade jetzt – sehr nachdenklich machen – auch unter dem Aspekt westlicher oder gar christlicher Werte. Wem gehört die Luft? Wem gehört eigentlich ein Land? Und wollen wir Grenzzäune?

Ich wünsche Ihnen/Euch gute Fragen, gute Antworten und einen schönen 10. Dezember.

9. Dezember – die neun

Die neun teilt sich ein merkwürdiges Schicksal mit der sechs – die beiden sind verwechselbar. Nur der Kontext oder der Punkt hinter der Zahl entscheidet zwischen „ungenügend“ oder „guter Hoffnung“. Doch wofür steht die neun, wenn sie denn tatsächlich als neun auftritt?

Mit dem Frühling verbinden wir Hoffnung und neun Personen befinden sich auf dem berühmten Gemälde „La Primavera“ (der Frühling) von Sandro Botticelli. Was verbindet diese Personen? Oder sind sie gar nicht verbunden sondern vereinzelt? Spannende Fragen ranken sich um dieses Gemälde, die man mit dem Buch „Sandro Botticelli La Primavera“ von Horst Bredekamp phantastisch vertiefen kann.

Verbunden oder doch nicht ist auch die Frage, die dem Buch „Linked“ von Albert-László Barabási zugrundeliegt. Im Kapitel „The ninth Link“ geht es um die Achilles-Ferse – die Verwundbarkeit unserer Gesellschaft durch Ausfälle und Zusammenbrüche zum Beispiel des Stromnetzes. Welche Fehlertoleranz haben diese Netze? Und wann wird daraus ein kaskadenförmiger Zusammenbruch?

Das sind Fragen, über die wir alle durchaus nachdenken müssen. Wobei nachdenken wiederum ein gutes Stichwort ist. Können wir lernen ohne nachzudenken? Ja, sagt Benedict Carey im neunten Kapitel des Buches „Neues Lernen“ – Warum Faulheit und Ablenkung dabei helfen. Als faszinierendes Beispiel schildert er das perzeptionelle Lernen – also das Wahrnehmen von Unterschieden beziehungsweise Erkennen von Mustern. So kann man wohl schnell (und intuitiv) zum Beispiel Kunststile und chinesische Schriftzeichen erlernen.

Aber ist Lernen ohne Nachdenken wirklich so erstrebenswert? Jedes menschliche Lebewesen kann denken, aber denkt es auch? Können wir Denken lernen, Denken lehren? George Steiner fragt im neunten Kapitel des Büchleins „Warum Denken traurig macht.“ ganz bewußt nach dem Ungleichgewicht zwischen großen Gedanken, großer Schöpfungskraft und sozialer Gerechtigkeit. Für ihn ist dieses Ungleichgewicht eine (neunte) Quelle der Melancholie.

Mit einem Ungleichgewicht und großer Enttäuschung befaßt sich auch das neunte Kapitel von Teju Coles Roman Open City. Es ist die Schilderung einer enttäuschten Liebe zu Europa – einer Enttäuschung, die viele junge Muslime in der Zeit nach dem 11. September 2001 in Europa erleben. Studiengänge können nicht wie geplant weitergeführt werden, die Annahme von Doktorarbeiten wird verweigert und aus motivierten Studenten werden enttäuschte Migranten, die sich verlassen und verloren fühlen. Nie zuvor habe ich die traurige und negative Seite von Europa so deutlich erlebt wie in diesem Kapitel, in dem der in New York lebende und Brüssel besuchende Ich-Erzähler mit jungen Migranten in Brüssel ins Gespräch kommt. Eine bedrückende Schilderung, die ich vor einem Jahr auch schon festgehalten habe.

Ja, wohin geht Europa? Zum Füllhorn des Frühlings und der Hoffnung oder zum Ungenügen und zur Enttäuschung? Wichtig ist, daß wir immer eine Chance haben, Dinge zu verbessern und aus einem Problem eine Lösung zu entwickeln! Und ja: ich bin dankbar für die vielen Menschen in Deutschland und in Europa, die sich gerade jetzt intensiv dafür einsetzen, daß flüchtenden Menschen geholfen wird.

Ich hoffe, es wird gut werden und ich hoffe auch, daß Sie/ihr einen schönen 9. Dezember haben werden/werdet.

8. Dezember – die acht

Es ist manchmal merkwürdig, wie sehr sich zufällige Funde zu einem gemeinsamen Oberthema „gruppieren“. Die acht stellte sich quer – genauer: sie legte sich hin und wurde aus einer sperrigen Zahl zum Symbol der Unendlichkeit. Was für eine Karriere für eine Zahl ……

Ist die Welt unendlich, wenn man vor lauter Nebel nichts sehen kann? Oder erscheint sie gerade im Nebel besonders endlich? Eine spannende Frage – angeregt durch den achten Essay „Wege im Nebel“ von Milan Kundera im Buch Verratene Vermächtnisse. Ist das Fehlen von Abenteuern eigentlich das größte Abenteuer unseres Lebens? Und ist der Mensch eigentlich ein Weg mit völlig unterschiedlichen – sich manchmal sogar verneinenden – Abschnitten und einem zufälligen Ziel?

Eine Welt ohne Abenteuer und ohne Ziel? Undenkbar für Pooh und Christopher Robin, die im achten Kapitel des Buches „Winnie-the-Pooh“ zu einer Expedition zum Nordpol aufbrechen. Aber wie kann man erkennen, ob man ein Ziel erreicht hat, wenn man nicht weiß, wie das Ziel aussieht?

Ist es leichter, das Ziel zu finden, wenn es darum geht einen Ort zu verlassen? Eli Pariser spricht im achten Kapitel seines Buches „The Filter Bubble“ von der Flucht aus der Stadt der Ghettos. Was schon der Begriff der Flucht impliziert: wir müssen handeln, wenn wir etwas ändern, etwas bewegen wollen. Das ist auch der Impuls aus dem achten Kapitel des Buches Zeit Wert Geben.

In diesem Sinne: wo beziehungsweise in welchem Bereich haben Sie/habt Ihr heute gehandelt?