Doris Langley Moore: A Game of Snakes and Ladders

Dieses Buch habe ich am 26. Januar ernsthaft angefangen zu lesen und am 29. Januar hatte ich es schon durchgelesen – ganz klar, ich mochte (und mag) es sehr. Ich habe es zunächst einfach nur gelesen, weil ich die Vorschläge des Twitter-Accounts Neglected Books immer sehr spannend finde und es dazu am 31. Januar sogar eine Livediskussion geben sollte (die leider abgesagt wurde). Interessanterweise spricht das Buch mehrere Themen an, die mich in den letzten Jahren auch immer wieder beschäftigt haben – deswegen schreibe ich ein paar Zeilen zu diesem Buch.

Bis zum Lesen dieses Buchs war mir das „Leiterspiel“ (in der englischen Sprache „Snakes and Ladders“) völlig unbekannt. In der Zwischenzeit habe ich es einmal online gegen einen Computer gespielt (und erstaunlicherweise gewonnen). Das Spiel hat viel mit Glück oder Unglück zu tun und genau das paßt auch sehr gut zu der Geschichte von Langley Moore. Lucy und Daisy sind im Prinzip die wichtigsten Personen der Geschichte. Lucy und später auch Daisy arbeiten beide für eine Theatergesellschaft, die mit wenigen Stücken von England aus eine Welttournee durchführt – mit Auftritten in Australien, Asien und schließlich Anfang 1919 in Ägypten. Die Stücke sind in Ägypten nicht so sonderlich erfolgreich und die Tour endet dort. Lucy möchte zurück nach England, Daisy möchte bei ihrer neuen Eroberung, dem Geschäftsführer eines Theaters, Siegfried Mosenthal bleiben. Dummerweise wird Lucy schwer krank. Daisy kümmert sich zunächst um sie, doch nach und nach werden ihre eigenen Interessen (nicht allein in Ägypten zu bleiben) größer und sie nimmt großen Einfluß auf das Leben ihrer „Freundin“ Lucy. Lucy bleibt glücklos. Die einzelnen Ereignisse will ich hier gar nicht erzählen. Aber während Lucy immer mehr verarmt, vereinsamt und absteigt, achtet Daisy immer mehr auf sich, ihr Äußeres und ihre Stellung. Kann man in dieser Konstellation überhaupt noch von Freundschaft reden?

Für mich war das Buch vor allem eine Geschichte über eine vermeintliche Freundschaft, die unter der Behauptung des „ich meine es ja nur gut mit Dir“ und „ich weiß besser, was für Dich gut ist“ dem anderen Menschen tatsächlich Schaden zufügt. Es ist für mich erstaunlich, dass Lucy nie aufgibt. Immer irgendwie weitermacht, obwohl sie immer einsamer wird. Und ja, sie wird vom Schicksal belohnt. Für Lucy hat mich das gefreut – realistisch fand ich das Happy End allerdings nicht unbedingt….. (das ist auch der einzige Kritikpunkt). Die Figuren von Lucy und Daisy fand ich sehr faszinierend – gerade in ihrer großen Unterschiedlichkeit, mit Themen und Menschen umzugehen.

Es gab mehrere Stellen im Buch, die mich persönlich sehr angesprochen (vielleicht sollte ich besser sagen „getroffen“) haben – besonders jedoch folgende Stelle: Im 12. Kapitel besucht Lucy ein Café und berichtet von einem dort auftretenden Sänger. In diesem Zusammenhang sagt sie etwas über den Sänger, das mich sehr berührt und für mich sehr passt: „He had become the symbol of yearning loneliness, the visible representative of all the unbeautiful, unwanted members of the human race.“ Selten haben Worte so gut zu meinem Leben gepaßt wie „unbeautiful, unwanted“. Der Text geht weiter mit „Here he was, vainly, absurdly, endeavouring to console himself, to hide the bitter wounds that would never, never be healed.“ Ja, aus vollem Herzen ja!

Was an dem Buch auch schön war: ein kurzer Einblick in eine sehr internationale Zeit – die vielen Menschen, die ab 1919 in Kairo und Alexandria waren, die vielen Sprachen, die gesprochen wurden – das alles ist ein Reichtum, der vermutlich so dort nicht mehr existiert. Während des Lesens wäre ich gerne dort gewesen – die Schilderungen (auch der wenigen Ausflüge) waren faszinierend.

Alexander Dumas: Les trois mousquetaires

Eigentlich wollte ich Anfang Januar endlich das Buch „El Club Dumas“ (Der Club Dumas) von Arturo Pérez-Reverte lesen. Eigentlich…. Aber schon auf den ersten Seiten wurde mir klar, dass ich die Anspielungen in diesem Buch auf die Musketier-Romane von Dumas nicht verstehen kann, ohne vorher die drei Musketiere zu lesen.

Bei den Muketieren dachte ich vor allem an die vielen Mantel-und-Degen-Filme, die es gibt und die (in meiner Erinnerung) in meiner Kindheit und Jugend oft an Sonn- und Feiertagen im Fernsehen gezeigt wurden. Meine Erwartungen waren ehrlicherweise nicht besonders hoch. Ein großer Fehler….

Im Prinzip hat Dumas drei Romane über die Musketiere geschrieben – Les trois mousquetaires (Die drei Musketiere), Vingt ans après (Zwanzig Jahre später) und Le Vicomte de Bragelonne (Zehn Jahre später/Der Mann in der eisernen Maske). Den ersten Roman habe ich gestern fertig gelesen, den zweiten habe ich begonnen….

Im ersten Roman macht sich der junge Gascogner D’Artagnan auf den Weg nach Paris, um dort im militärischen Bereich „Karriere“ zu machen. Interessant ist dabei, dass D’Artagnan nicht nur eine Hauptfigur des Romans ist, sondern tatsächlich gelebt hat. Dumas selbst erwähnt das im Vorwort und nein, das ist keine Finte. Ich habe (weil ich ziemlich neugierig bin) danach gesucht. Es gibt tatsächlich ein Buch von Gatien Courtilz de Sandras mit den Memoiren von D’Artagnan, es gibt auch weitere Unterlagen und Informationen – die ich eher zufällig in der ARTE-Doku (noch bis zum 07.02.2023) über D’Artagnan mitbekommen habe. Aus der Forschung weiß man heute, dass er zwischen 1611 und 1615 in Lupiac zur Welt kam. 1673 starb er bei der Belagerung von Maastricht. In Lupiac gibt es heute sogar ein D’Artagnan-Museum….

Noch habe ich die Memoiren von D’Artagnan noch nicht gelesen. Ich kann daher nicht einschätzen, wie „nah“ Dumas an dieser Vorlage geblieben ist. Unabhängig davon hat mich der erste Roman aus der Musketier-Reihe ab einem bestimmten Punkt wirklich begeistert.
Am Anfang reist ein wenig begüterter junger Adeliger mit einem wohl ziemlich armselig aussehenden Pferd und einem Empfehlungsschreiben seines Vaters nach Paris. Als unterwegs jemand etwas Abfälliges über sein Pferd sagt, reagiert er sehr empfindlich und fordert denjenigen zum Kampf. Natürlich überschätzt er sich etwas…. und dummerweise ist danach der so wichtige Brief seines Vaters verschwunden. Zusätzlich zu seinem Reiseziel Paris will er nun seinen Gegner und dessen Begleiterin wiederfinden. Und ja, er wird in diesem Punkt Erfolg haben.

In Paris entdeckt er – während ich als Leserin über seine Schulter schaue – die Zeit von Richelieu, Ludwig XIII. und Anna von Österreich. Und natürlich die Musketiere, die nach ihrer (damals sehr modernen Waffe) Muskete benannt wurden. Es ist eine Zeit voller Intrigen und politischer Machtkämpfe. Es ist auch die Zeit,in der Richelieu und Ludwig XiII. die Stadt La Rochelle belagern.

Es sind mehrere Aspekte, die mir gut gefallen haben:
– Ein spannender Einblick in französische Geschichte
– Dialoge und Schilderungen voller Wortwitz
– Die wirklich wunderbare Schilderung der vier Freunde (zu D’Artagnan kommen Athos, Porthos und Aramis) und ihrer Diener in ihren sehr unterschiedlichen und sich so gut ergänzenden Stärken und Fähigkeiten
– Eine unglaublich gute Schilderung der Überlegungen und der Vorgehensweise der bösen Gegenspielerin (und ja, tolle Frauenfigur!)
– Es ist ein wunderbares Buch über Freundschaft und gleichzeitig aufgrund der Intrigen sehr spannend

Neben den oben schon erwähnten Memoiren von D’Artagnan (der von Gatien de Courtilz de Sandras verfaßten Biographie) bin ich noch auf die Memoiren der Mme de Motteville gestoßen (die eine Zeit lang am Hof von Anna von Österreich lebte) und – in Zusammenhang mit dem Duke of Buckingham – auf ein sehr interessantes Theaterstück von Thomas Middleton mit dem Titel A game at chess.

Leseliste 2023

Bewertung
*** sehr gut
** gut
* in Ordnung
kein Stern kein Kommentar

10. Myron Brinig: The flutter of an eyelid (05.03.2023) ***
Ein mir bislang völlig unbekannter Autor, der ein sehr faszinierendes Buch geschrieben hat – eine Übersetzung in die deutsche Sprache habe ich nicht entdeckt, ich habe es im Original gelesen und fand es – vor allem in der zweiten Hälfte – sehr begeisternd. Ich hoffe, dass ich die Zeit zu einem separaten Beitrag finde……

9. Oskar Maria Graf: Unruhe um einen Friedfertigen (25.02.2023) **
Manche Bücher sind gut und lasten einem doch irgendwie auf der Seele. Das Buch von Oskar Maria Graf ist so ein Buch. Gelesen habe ich es mit dem Buchclub des Staatstheaters Augsburg und das war gut so. Mehr – hoffentlich bald – in einem separaten Beitrag.

8. Federico Garcia Lorca: Bodas de sangre (19.02.2023) **
Im Wuppertaler Theater wird im Moment die Bluthochzeit von Garcia Lorca aufgeführt und vielleicht schaffe ich es ja, mir das Stück im Theater anzusehen. Daher wollte ich das Stück lesen. Es ist ziemlich bedrückend (was natürlich gut zum Titel paßt) und irgendwie von Anfang an ausweglos…..

7. Josephine Tey: The Man in the Queue (18.02.2023) **
Ich bin etwas unentschlossen, was dieses Buch angeht. Der Anfang hat mich nicht so begeistert, da empfand ich manches als „an den Haaren herbeigezogen“, ab ab einem bestimmten Punkt fand ich es dann interessant genug, um es weiter zu lesen und es wurde zum Ende hin immer besser. Besonders der nagende Zweifel, dass der vermeintliche Täter eben nicht der Täter ist, hat mich angesprochen.

6. J. M. Coetzee: The life and Times of Michael K (31.01.2023) **

5. Ari Turunen: Kann mir bitte jemand das Wasser reichen? Eine kurze Geschichte der Arroganz (30.01.2023) ***

4. Doris Langley Moore: A Game of Snakes and Ladders (29.01.2023) ***
Kurzer Blogbeitrag dazu…

3. Alexandre Dumas: Les trois mousquetaires (dt. „Die drei Musketiere) (22.01.2023) ***
Brilliant – dazu gibt es einen eigenen Blogbeitrag!

2. Ralph Knobelsdorf: Des Kummers Nacht (07.01.2023) ***
Ein „Wohlfühlbuch“ – zumindest in einem gewissen Sinne. Es ist ein Krimi, der im Jahr 1855 spielt. Die Geschichte fand ich spannend, besonders interessant fand ich aber den Einblick in die Geschichte der preußischen Polizei und die Frage, wer, wann, was, wie organisiert und aufgebaut hat. Und natürlich enthielt dieses Buch auch Verweise auf weitere Bücher – die Märchen von Gisela von Arnim und die Werke von Fanny Lewald (auch wenn sie als Person im Buch nicht gerade sehr „sympathisch“ rüberkommt).

1. Dawn King: The trials (dt. „Das Tribunal“) (04.01.2023) **
Ein Theaterstück, dass ich gelesen habe, weil ich die Aufführung in Düsseldorf besuchen wollte. Es geht um Klimawandel beziehungsweise Klimakrise. Ein wichtiges Thema, gleichzeitig ein Thema, das im Moment in mancher Diskussion schwierig ist. Als ich vor einiger Zeit zufällig mit einem Menschen, der der letzten Generation nahesteht über dieses Thema diskutiert habe, habe ich etwas provokativ auf Rousseau, den Begriff der „volonté générale“ und die in Frankreich während der französischen Revolution erfolgten Hinrichtungen („Kopf ab“) hingewiesen. Es ist gerade nicht einfach in einer Demokratie derart schwierige Themen „gut“ zu lösen. Relativ kurz nach diesem zufälligen Gespräch habe ich das Theaterstück gelesen. Das Stück spielt in einer dystopischen Zukunft. Eine Jury aus Jugendlichen urteilt in einem verlassenen Gebäude über die Elterngeneration, die die Verantwortung an dieser Situation trägt. So weit, so gut – ja, wirklich gut. Was mich verstörte (und grundsätzlich ist Verstörung erst einmal nichts Negatives) war der Ausgang der jeweiligen „Verfahren“. Ich fühlte mich doch sehr an das Gespräch über Rousseau erinnert. Ich weiß daher auch nicht, ob ich in dieses Stück wirklich gehen möchte….
Hier ist übrigens der Trailer zu diesem Stück.

Angefangen zu lesen….

Um ein Buch zu lesen, also bis zum Ende zu lesen, muß man irgendwann mit dem Lesen anfangen. Es ist eher selten, dass ich zu einem bestimmten Zeitpunkt nur ein einziges Buch lese. Ich habe also meistens mehrere Bücher griffbereit – neben meinem Bett, um vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen zu lesen, im Wohnzimmer, um in der freien Zeit zu lesen und natürlich auch in meiner Tasche/meinem Rucksack, wenn ich unterwegs bin. Unterschiedliche Stimmungen und Zeiten erfordern unterschiedliche Bücher. Dementsprechend ist die eigentliche Herausforderung nicht das Anfangen, sondern das Weiterlesen und oft auch das Zuendelesen. Vor allem, da ja jeder Tag wieder zur Entdeckung „neuer“ (also von mir noch nicht gelesener) Bücher führt…… Um den Lesefaden nicht völlig zu verlieren, möchte ich hier die Bücher festhalten, die ich angefangen habe zu lesen – wobei Anfangen jetzt nicht die ersten ein oder zwei Seiten meint, sondern ein Anfangen mit dem Wunsch, das Buch tatsächlich weiter zu lesen. Bücher, die ich im Laufe des Jahres zuende lese, wechseln dann von hier auf die Liste der gelesenen Bücher…. Mal sehen, wie viele es sein werden……

Februar 2023

Myron Brinig: The Flutter of an Eyelid
Wieder ein Buch aus den „neglected books“ – mal sehen wie weit ich bis morgen (da ist das Onlineevent zu diesem Buch) komme.

Donna Tartt: A secret history
Über dieses Buch hatte ich – irgendwann im letzten Herbst – etwas gelesen, was mich neugierig machte und als ich das Buch im Dezemberzufällig in einer Buchhandlung sah habe ich es natürlich gekauft. Bis jetzt finde ich es sehr interessant. Es befindet sich natürlich in harter Lesekonkurrenz mit den vielen anderen Büchern……

Hans Rosling: Factfulness
Wobei „angefangen“ nicht stimmt, eher „wieder“ angefangen. Ich habe das Buch irgendwann Ende 2021/Anfang 2022 angefangen – immer in kleineren Abschnitten. In den letzten Monaten habe ich oft – gerade wegen der vielen Ereignisse (Pandemie, Afghanistan, Ukraine) an der optimistischen Grundhaltung „es ist besser als man denkt“ gezweifelt (so verstehe ich zumindest die auf Tatsachen basierende Grundhaltung des Buches) und es zur Seite gelegt. Aber irgendwie reizt es mich doch, es weiterzulesen.
Außerdem hatte ich mir vorgenommen jeden Monat zumindest ein Sachbuch zu lesen….
Links zum Buch/über den Inhalt

Ian Leslie: Curious: The Desire to Know and Why Your Future Depends on It (Link zum Buch/Autor)
Es geht um Neugier und das paßt perfekt zu meinem Jahresthema 2023. Ich habe gestern (01.02.2023) schon einige Seite gelesen – das Buch ist sehr interessant!

Januar 2023

Doris Langley Moore: A Game of Snakes and Ladders (Link zum Buch)
Dieses Buch habe ich am 26. Januar ernsthaft angefangen zu lesen und ich mag es sehr. Ich lese es, weil ich die Vorschläge des Twitter-Accounts Neglected Books immer sehr spannend finde und es dazu am 31. Januar sogar eine Livediskussion geben wird. Bis jetzt stehen die Chancen gut, dass ich das Buch bis dahin gelesen habe. Mehr als ein Drittel habe ich schon gelesen und auch schon eine Stelle gefunden, die mich persönlich sehr anspricht.
Beendet am 29.01.2023

Oskar Maria Graf: Unruhe um einen Friedfertigen (Link zum Buch)
Mit dem Buchclub des Staatstheaters Augsburg lese ich bis Ende Februar/Anfang März dieses Buch – jede Woche einen bestimmten Abschnitt und jeweils am Mittwochabend diskutieren wir dann online über dieses Buch. Noch bin ich lesemäßig gut im Rennen….. Am 25.02.2023 (ein paar Tage später als „geplant“) zuende gelesen.

Ari Turunen: Kann mir bitte jemand das Wasser reichen? (Link zum Buch)
Dieses Buch habe ich im August 2018 in Münster im Museum gekauft – der Titel (den ich als ironisch empfunden habe) hat mich sehr angesprochen. Und ja, das Buch ist richtig gut – der Untertitel „Eine kurze Geschichte der Arroganz“ paßt gut, die Beispiele sind klasse. Gleichzeitig (seufz….) sind da viele Verweise auf weitere spannende Bücher……
Beendet am 30.01.2023

Elizabeth von Arnim: Elizabeth auf Rügen (Link zum Buch)
Im Juli 2018 in Stralsund gekauft (bei manchen Büchern weiß ich tatsächlich noch wann, wo und warum ich sie gekauft habe) – eine witzige und unterhaltsame Schilderung einer Rügenreise, die 1904 erstmalig erschienen ist.

Alexandre Dumas: Vingt ans après (Dt. Titel: Zwanzig Jahre danach)
Der zweite Musketierroman von Dumas……

Toshikazu Kawaguchi: Before the coffee gets cold
Ein japanischer Bestseller über eine „urban legend“ – es ist vor allem ein relativ schmales Buch mit einer interessanten Geschichte, nämlich dass man – wenn man bestimmte Regeln einhält – auf einem bestimmten Platz in einem kleinen Café in die Vergangenheit zurückreisen kann. Die Regeln sind aber schon etwas arg streng – ein Buch, das ich vor allem unterwegs dabei habe, da es nicht so wahnsinnig dick ist. Weit bin ich aber noch nicht gekommen (im Moment bin ich nicht so viel unterwegs).

Arturo Pérez-Reverte: El Club Dumas (Dt. Titel: Der Club Dumas, Link zum deutschsprachigen Buch)
Ein spannendes Buch mit vielen Anspielungen auf die Musketierromane von Dumas, der Grund weshalb ich im Moment die Musketierromane lese……

Gabriel Tarde: Les Lois de l’imitation (Dt. Titel: Die Gesetze der Nachahmung, Link zur dt. Fassung)
Über dieses Buch bin ich durch einen Verweis im Buch „Die Schweigespirale“ von Elisabth Noelle-Neumann gestolpert (in dem ich bisher nicht weit gekommen bin). Es klingt spannend und es paßt vor allem auch zu meinem Jahresthema „Wie kommt das Neue in die Welt“?

David Graeber/David Wengrow: The Dawn of Everything (Link zum Buch)
Ich weiß gar nicht mehr, in welchem Zusammenhang ich über dieses Buch „gestolpert“ bin – aber schon der Anfang hat mich begeistert. Es stellt viele Dinge in Frage, die ich bisher „so“ als „so ist es“ angesehen habe. Aber dazu mehr, wenn ich es – irgendwann – durchgelesen habe.

Bis Ende 2022

J. M. Coetzee: Life and Times of Michael K (Dt. Titel: Leben und Zeit des Michael K)
Angefangen zu lesen (und etwas über die Hälfte geschafft), weil ich das Stück in Düsseldorf im Theater sehen wollte. Die Aufführung, die ich sehr interessant fand, war Anfang September 2022, Michael und seine Mutter wurden durch Holzpuppen dargestellt. Und ja, seitdem bin ich nicht weiter gekommen …….
Aber jetzt – am 31.01.2023 habe ich (endlich) die letzte Seite gelesen!

Emile Gaboriau: Le Dossier 113 (Dt. Titel: Die Akte Nr. 113, Link zur deutschsprachigen Version)
Gaboriau hat den französischen Polizeiroman „erfunden“. Im Letzten Jahr habe ich schon L’Affaire Lerouge und Le Crime d’Orcival gelesen (ich habe eine französischsprachige EBook-Gesamtausgabe seiner Werke), als drittes Werk habe ich dann irgendwann „Le Dossier 113“ angefangen…..

J. K. Huysmans: A rebours (Dt. Titel: Gegen den Strich)
Beim Durchgehen der angefangenen Bücher ist mir aufgefallen, dass ich dieses Buch nicht weitergelesen habe. Auch dieses Buch habe ich wegen eines geplanten Theaterbesuchs angefangen zu lesen. Wobei es dazu sogar eine witzige Geschichte gibt: Anfang 2020, kurz vor Beginn der Pandemie, saß ich lesend in der Straßenbahn. Irgendwie kam ich mit dem mir gegenübersitzenden Fahrgast ins Gespräch – ein Schauspieler aus Berlin, der im Theater an der Ruhr eine Rolle spielen sollte und zwar in einem Stück, dass an einem langen Tisch gespielt wird und das die Werke „Gegen den Strich“ von Huysmans und „Unterwerfung“ von Michel Houellebecq (dessen Romanhauptfigur wiederum über Huysmans promoviert und publiziert hat) vereint. Es klang spannend, aber durch die Pandemie konnte ich mir das Stück erst im Mai 2022 anschauen. Und ja, wie so oft, war ich mit dem Buch noch nicht ganz durch als der Theaterabend begann. Irgendwann also……

Dorothy Richardson: Pilgrimage
Irgendwann im Frühsommer bin ich auch beim Lesen der vielen Pilgrimagebände „gescheitert“ – also gescheitert in dem Sinne dass ich es nicht geschafft habe, jeden Monat eine Folge aus der Reihe zu lesen. Es war einfach eine Zeitfrage…… Mal sehen, wann ich diesen Faden wieder aufgreifen kann. Bis zum Anfang von „Revolving Lights“ bin ich immerhin gekommen, das ist immerhin Buch Nr. 7 von 13.

Johann Gottfried Seume: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802
Im Oktober 2021 habe ich das Buch „Der Spaziergang von Rostock nach Syrakus“ von Friedrich Christian Delius gelesen. Die Hauptperson dieses Buches hat das Buch von Seume gelesen und will (zu den Zeiten als die DDR und die Grenzen noch existierten) auf den Spuren von Seume nach Italien wandern. Das Buch von Delius fand ich sehr interessant. Klar, dass ich das Buch von Seume, das ihn vermutlich zu dieser Geschichte angeregt hat, auch lesen „muß“. Aber auch in dem Buch bin ich noch „unterwegs“.

Leseliste 2019

Was ich 2019 bisher gelesen habe (private Bücher, die ich tatsächlich zu Ende gelesen habe):

Bewertung:
*** sehr gut
** gut
* in Ordnung
kein Stern – kein Kommentar

77. Agatha Christie: Hercule Poirot’s Christmas (30.12.2019) **
Stimmt es, daß es an Weihnachten keine Morde gibt? Gerade als Poirot und sein Freund über diese Frage diskutieren, werden sie zu einem Todesfall gerufen, der sich als Mord herausstellt. Poirot ermittelt – wie immer durch feinsinniges Beobachten und Hinterfragen – den Täter. Interessant ist dabei vor allem, daß die Geschichte konkret mit Daten spielt – sie beginnt am 22.12. und endet am 28.12. Man könnte also an jedem Tag genau den Teil lesen, der zu diesem Tag gehört ….. Das wollte ich ursprünglich auch machen, aber natürlich habe ich am 22.12. nicht daran gedacht …..
Wirklich gut und lesenswert!

76. Antonio Tabucchi: Erklärt Pereira (26.12.2019) **
Ich bin bei der Beurteilung des Buches etwas zwiespältig. Es ist eine Geschichte von großer Einsamkeit und großem Mut in einer politisch schwierigen Situation. Gleichzeitig spiegelt die Sprache die Eintönigkeit und Einsamkeit des Lebens von Pereira wieder. Ständig wiederholen sich die Wörter „Pereira erklärt“. Das ist einerseits grandios, weil es eben die Eintönigkeit zeigt, andererseits aber nervig, weil ich mich irgendwann durch diese Monotonie gestört fühlte. Trotzdem ein gutes und lesenswertes Buch.

75. Anne Meredith: Portrait of a Murderer (25.12.2019) ***
Dieses Buch habe ich in Berlin bei Dussmann entdeckt. Ich fand die Idee, Weihnachtskrimis zu lesen genial und dieser Krimi war wirklich sehr sehr gut. Das Irritierende: eigentlich ist (den Lesern) ziemlich früh klar, wer den Mord verübt hat. Aber die Familienmitglieder wissen es nicht. Es kann nur einer oder eine von ihnen sein. Aber wer? Der Weg zur Erkenntnis ist sehr spannend geschildert. Wirklich großartig!

74. Marina Picasso: Und trotzdem eine Picasso. Leben im Schatten meines Großvaters. (17.12.2019) ***
Das Buch habe ich – passenderweise – im Picasso-Museum in Münster entdeckt. Es war spannend zu lesen. Picasso kannte ich bis zu diesem Zeitpunkt „nur“ als genialen Maler und Künstler, am Rande auch als Mann mit vielen Frauen, aber nicht als Vater und Großvater. Marina Picasso erzählt in ihrem Buch von ihrer Kindheit und Jugend, von einem Vater der unter seinem Vater litt, von einem Großvater, der kein echtes Interesse an seinen Enkeln hatte. Sie wirft interessanterweise (und da mußte ich stark an die Diskussion um den Literaturnobelpreis denken) die Frage auf, ob man das Werk vom Künstler trennen kann. Ich fand das Buch sehr lesenswert.

73. Agatha Christie: The Adventure of the Christmas Pudding (07.12.2019) **
Schöne weihnachtliche Krimis – eine gute und nicht zu fröhliche Lektüre für die Adventszeit. Besonders die titelgebende Geschichte fand ich sehr gut!

72. Harry Mulisch: Die Entdeckung des Himmels (02.12.2019) ***
Theaterlektüre, weil ich mir die entsprechende Aufführung Ende November in Düsseldorf angeschaut habe. Ich war zu diesem Zeitpunkt nur bis ungefähr Seite 300 gekommen, fand aber die vorherige Lektüre sowohl spannend als auch für das Theaterstück wichtig. Insgesamt ein Buch, das mit sehr gut gefallen hat. Es zeigt, wie unterschiedlich Menschen mit Gefühlen und vor allem mit dem Gefühl des Verlusts umgehen. Onno zieht sich nach seinem zweiten „Verlust“ völlig zurück und verschwindet von der Bildfläche. Gleichzeitig will es das Schicksal, daß er „gefunden“ wird. Es ist eine Geschichte mit vielen unterschiedlichen Facetten – einer wunderbaren Freundschaft voller Wärme und Tiefe, der Banalität der Politik, der Grausamkeit des Schicksals, dem Umgang der Menschen mit dem Schicksal und dem Erleben von Einsamkeit. Besonders faszinierend fand ich das Kapital „Die Goldene Mauer“ – einem „Traktat“ von Onno im dritten Teil des Buches, in dem es um Macht, Machtlosigkeit und Gesellschaft geht. Das ist ein Kapitel, das ich – demnächst – noch einmal in Ruhe lesen möchte. Da war für mich, unabhängig von der Geschichte an sich, viel enthalten, das ich im Hinblick auf Politik und Gesellschaft sehr aktuell fand.

71. Fjodor Dostojewskij: Verbrechen und Strafe (22.11.2019) **
Beim Lesen dieses Buches ist mir aufgefallen, daß die meisten Bücher so gar nichts mit meiner Lebenssituation zu tun haben. Dies war der Auslöser, um über Twitter nach Büchern mit dem Thema „Einsamkeit“ zu suchen. Die Hauptperson Raskolnikow fühlt sich einsam. Objektiv betracht ist er es aber nicht, denn er hat Familie und Freunde, die sich immer wieder bei ihm einfinden und um ihn sorgen und am Ende sogar eine Liebesbeziehung. Er fühlt sich fremd und ist aufgrund seiner Armut auch nicht in der Lage, die Dinge zu tun, die er gerne tun würde. Das führt ihn (vereinfachend gesagt) zu seinem Verbrechen. Vorher und nachher begegnet er „der Welt“ auf eine Art und Weise, die ich beim Lesen als unfreundlich empfand und so auch selber nicht leben möchte. Trotzdem hatte das Buch eine gewisse Faszination – die Gespräche und die Darstellung der inneren und äußeren Abläufe – das was er sagt und das, was er gleichzeitig denkt (weiß der andere, daß ich es war, ist das jetzt eine Falle….). Ist es ein echtes Gespräch oder doch nur ein „Spiel“? In einem gewissen Sinne enthüllt Dostojewskij die Banalität und Beliebigkeit vieler Begegnungen und Gespräche, für mich ein „enthüllendes“ Buch, das mich an vielen Stellen nachdenklich gemacht hat und das ich auch spannend fand.

70. Stefan Zweig: Der Amokläufer (13.10.2019) ***
Ich habe Stefan Zweig eigentlich immer schon gerne gelesen, viele seiner Werke sind mir aber noch unbekannt – so kannte ich den „Amokläufer“ nicht. Es ist eine spannende kleine Geschichte, in der es um Liebe, Tod und Besessenheit geht – erzählt als Erinnerung an einen Vorfall, der mit einer in der Nacht während einer Schiffsfahrt erzählten Geschichte über eine unglückliche Liebe verbunden ist. Kompliziert? Auf den ersten Blick ja, so wie auch die Ereignisse in der Geschichte selbst irgendwie „kompliziert“ sind. Aber auch unglaublich dicht und lesenswert!

69. Yann Martel: The High Mountains of Portugal (12.10.2019) **
Ich mag die leicht skurrilen Geschichten von Yann Martel, diese Geschichten die etwas erzählen, das gar nicht möglich ist und doch erzählt werden kann. Hier sind es drei Geschichten von Menschen, die zu unterschiedlichen Zeiten auf eine bestimmte Art und Weise etwas mit einem bestimmten kleinen Ort in Portugal zu tun haben. Eine Geschichte in schöner Sprache – allein den Satz „tao docemente triste quanto um rinoceronte“ (as sweetly sad as a rhinoceros) fand ich wunderbar. In allen drei Geschichten geht es um den Umgang mit Tod und Verlust und dem, was daraus wird. Man kann ein Leben lang rückwärts laufen, man kann in unbekannte Gegenden aufbrechen und man kann sich in der Geschichte von Yann Martel wiederfinden.

68. Frances Hodgson Burnett: A little princess (03.10.2019) ***
Es ist eine Geschichte, die einen beim Lesen für einen Moment in eine heile Welt „befördert“. Natürlich ist nicht alles gut, im Gegenteil. Die Hauptperson der Geschichte wird zum Waisenkind, verliert „alles“ und ist am Ende – eben weil sie so ein guter Mensch ist und das in der Geschichte „belohnt“ wird – glücklich. Eine sehr schöne Geschichte – gerade auch für die Winter- und Weihnachtszeit, weil es um das Schenken und Geben geht – und zwar auch um das Schenken von schönen Geschichten, Träumen und guten Gefühlen.

67. Ian McEwan: Machines like me (16.09.2019) ***
Dieses Buch hat mich verwirrt – in vielfacher Hinsicht. Ich habe es zwischendurch immer mal wieder zur Seite gelegt, weil es mir manchmal schwer fiel, zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden. Charlie hat durch eine Erbschaft „etwas“ Geld zur Verfügung und beschließt „Adam“ (einen künstlichen „Menschen“) zu kaufen. Adam wird geliefert und Charlie „programmiert“ zusammen mit Miranda (seiner Freundin) den Charakter von Adam. Das alles spielt in einem fiktiven London der 80er Jahre, in dem es zum Beispiel schon Internet und Computer gibt und Alan Turing noch lebt. Es fiel mir gerade in bezug auf London und die Hintergrundgeschichte schwer, Fiktion und Realität zu unterscheiden. Es hat mich gleichzeitig verwirrt und fasziniert, daß ich mich immer wieder gefragt habe „stimmt das denn?“. Gleichzeitig fand ich es verwirrend und faszinierend, daß ich für Adam und seine Gefühle eine relativ große Sympathie empfand. Es war ein Buch, das für mich vieles auf den Kopf gestellt hat (was gut ist) und das mich beim Lesen doch sehr begeistert hat.

66. Jane McGonigal: Gamify your life (16.09.2019) **
Vieles an dem Buch fand ich sehr spannend – insbesondere die Heransgehensweise, persönliche Probleme und Herausforderungen als „Spiel“ zu betrachten – mit Bösewichten, „Quests“ und „Power-Ups“. Manches davon nutze ich auch – allerdings nicht mit diesen Bezeichnungen, manches muß vermutlich erst sacken (ich habe mir ausführlich Notizen gemacht, um da später noch einmal reinzuschauen) und manche Bereiche sind für mich einfach verschlossen – das Thema „Verbündete“ gehört zu diesen Bereichen. Insofern: lesenswert, für mich aber nur zum Teil „hilfreich“.

65. Lion Feuchtwanger: Exil (16.09.2019) ***
Ein großer Klassiker, den ich vor langer Zeit schon einmal gelesen habe und der gerade jetzt natürlich brandaktuell ist. Die Fragen nach Haltung, eigenen Werten und der Rolle der Medien fand ich persönlich sehr spannend und (leider) auch sehr aktuell. Ich fand das Buch jedenfalls beim zweiten Lesen sehr beeindruckend!

64. Michail Bulgakow: Der Meister und Margarita (09.09.2019) ***
Ein geniales Werk! Das Lesen dieses Buches gehört – indirekt – schon zu meiner Theaterlektüre, da ich mir demnächst in Krefeld die entsprechende Theateraufführung anschauen werde. Am Anfang fand ich es etwas schwierig, die vielen Personen wirklich zuzuordnen und zu verfolgen, insgesamt hat mir das Lesen aber sehr viel Spaß gemacht, gerade weil die Geschichte in manchen Aspekten einfach wunderbar skurril ist. Wahrscheinlich ist mir viel vom „Hintergrund“ entgangen, aber vielleicht komme ich ja irgendwann noch dazu, etwas darüber zu lesen.

63. Ford Madox Ford: Parade’s End (13.08.2019) **
Wohl ein Klassiker, mir sagte weder der Autor noch der Titel vor dem Lesen etwas (ja, eine der vielen Bildungslücken). Der Roman handelt von der Zeit in Großbritannien vor, während und nach dem ersten Weltkrieg. Für mich war es aber vor allem auch eine Geschichte über die Werte der handelnden Personen, über die Frage, inwieweit man sich selbst treu bleibt beziehungsweise treu bleiben kann – auch dann, wenn einem das Schicksal nicht ganz so einfache Aufgaben stellt. An manchen Stellen fand ich den Roman etwas „langatmig“, insgesamt hat mir das Buch aber gut gefallen.

62. Hans Fallada: Der Jungherr von Strammin (28.07.2019) **
Ein Buch, das zu einem gewissen Teil in Stralsund spielt und das ich mir tatsächlich letztes Jahr – bei meinem kurzen Aufenthalt in Stralsund – gekauft habe. Ich hatte vorher noch nichts von Fallada gelesen (zumindest nichts längeres und schon gar nicht bewußt) und war positiv überrascht. Der Ich-Erzähler erzählt eine Geschichte, die mit einer „mißglückten“ Weizenlieferung nach Stralsund beginnt und in der er keine wirklich gute Figur macht. Ich habe ihn als wunderbar selbstironisch empfunden und ich mochte auch die anderen Figuren (insbesondere Bessy). Ein schönes Buch für den Sommer (auf dem Buch klebt von der Buchhandlung ein Aufkleber „Stralsunder Strandkorb-Lektüre – treffender kann man es eigentlich nicht ausdrücken)!

61. Vanessa Curtis: The Stolen Ones (24.07.2019) **
Bei diesem Buch bin ich bei der Bewertung etwas unentschlossen. Einerseits fand ich das Thema spannend – eine Jugendliche findet (unfreiwillig) mit 16 Jahren heraus, das sie adoptiert wurde und zwar wurde sie als Vierjährige während der NS-Zeit in Polen entführt und in einem Lebensborn-Heim in der Nähe von München zur Adoption „angeboten“. Mit jedem Stück Wissen kann sie sich die Alpträume und manche merkwürdige Erinnerung erklären. So weit gut. Manches paßte aber nicht – ich bin mir nicht sicher, ob wirklich alles gut recherchiert wurde. Gab es 1956 in München tatsächlich noch Probleme Fleisch zu kaufen? Ist es glaubwürdig, daß irgendwo in einem privaten Arbeitszimmer ein Hitlerbild hängt? Ist es glaubwürdig, daß eine Lehrerin einer Schülerin sagt, daß „Herr Hitler auf sie stolz wäre“? Es gibt einfach ein paar Punkte dieser Art, die mich irritiert haben und die mich von der eigentlich spannend erzählten Geschichte abgelenkt haben. Trotzdem ein durchaus lesenwertes Buch!

60. Harold Nebenzal: Café Berlin (22.07.2019) ***
Dieses Buch habe ich eher zufällig in Berlin entdeckt. Daniel Saporta ist ein Sohn der jüdischen Gewürzhändlerfamilie Saporta, die seit langer Zeit glücklich und erfolgreich in Damaskus lebt und arbeitet. Als Teil seiner Ausbildung soll er mit 18 Jahren nach Berlin gehen – zu einem Geschäftspartner und Freund seines Vates. Als er 1929 in Berlin ankommt, entwickelt sich sein Leben ganz anders als von ihm und seiner Familie gedacht. Er wird zum Nachtclubbesitzer und muß sich 1943 auf einem Dachboden verstecken. Dort schreibt er seine Geschichte auf. Dieses Aufschreiben in der Kriegszeit ist der Rahmen für die Erzählung seines Lebens. Eine spannende und auch gut geschriebene Geschichte – ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.

59. Albert Camus: L’Étranger (19.07.2019) **
Es hat etwas Paradoxes, das mir das Buch „Der Fremde“ irgendwie fremd geblieben ist. Lag es an mir oder an dem Fremden? Ich weiß es nicht. Vielleicht ist mir die passiv zustimmende Haltung der Hauptfigur einfach fremd. Dieses „es wird schon ok sein“, die fast völlige Gleichgültigkeit gegenüber eigenen Gefühlen und auch gegenüber Menschen. Und doch hatte dieses Buch etwas Faszinierendes – etwas, das dazu führte, das ich das Buch nicht aus der Hand legen könnte. Ein sehr widersprüchliches Leseerlebnis.

58. Henry James: The Turn of the Screw (11.07.2019) **
Im Gegensatz zu dem Buch von Sarah Khan (Nr. 55) fand ich diese „Gespenstergeschichte“ spannend. Es war – vor allem beim spätabendlichen Lesen – schon sehr interessant, mich in die Person der Erzählerin hineinzuversetzen und ihre Erlebnisse nachzuvollziehen.

57. Gabriele Tergit: Käsebier erobert den Kurfürstendamm (07.07.2019) ***
Ein wirklich geniales Buch! 1931 veröffentlicht beschreibt es die Zeit von 1929 – und vieles kommt einem sehr bekannt vor. Dies gilt gerade für die Krisen auf dem Zeitungs- und auf dem Wohnungsmarkt und die zum Teil „merkwürdigen“ Versuche, diese Krisen in den Griff zu bekommen. Als Journalistin hat Tergit hier wirklich von „innen“ berichtet, was damals vor sich ging.
Ich fand das Buch sehr spannend und lesenswert, ehrlich gesagt noch spannender als „Effingers“.

56. Rubem Fonseca: Diário de um fescenino (05.07.2019) ***
Das erste Buch, das ich – mit Hilfe eines Wörterbuchs – in portugiesischer Sprache gelesen habe. Glücklicherweise war es ein Glücksgriff. Rufus, der erfolgreiche Autor eines Romans und mehrerer erfolgloser Nachfolgewerke, beschließt am 1. Januar ein Tagebuch zu führen. In dieses Tagebuch schreibt er seine kleinen Geschichten – mit Frauen, wie er Schwierigkeiten hat, die Frauen wieder loszuwerden, wie sie ihm vorwerfen, die Sätze aus seinen Romanen zu verwenden. In diesen harmlosen Einträgen, in denen er darüber nachdenkt, ob der Autor eines Romans mit seinen Romanfiguren „gleichgesetzt“ wird, ob es überhaupt eine gedankliche Trennung des Lesers zwischen der Romanfigur (Ich-Erzähler) und dem Autor gibt, entspinnt sich – während er über Zuckerman von Philip Roth nachdenkt, eine kleine Kriminalgeschichte, in der ihm sogar Vergewaltigung und Mord vorgeworfen wird. Ein wirklich spannendes Buch!

55. Sarah Khan – Die Gespenster von Berlin – Wahre Geschichten (02.07.2019)
Das – aus meiner Sicht – schlechteste Buch, das ich in diesem Jahr gelesen habe. Der Titel hörte sich durchaus spannend an, der Inhalt ….. sprach mich nicht an. Ich habe es zuende gelesen, weil ich dachte, daß es irgendwann vielleicht besser werden würde, aber – nein.

54. Roland Lampe – Fontane allerorten – Eine Spurensuche in Berlin und Brandenburg (23.06.2019) *
Ein Buch über all die Straßen, Gaststätten, Hotels und Apotheken, die nach Fontane benannt sind – verknüpft mit biographischen Informationen zu Fontane und ein paar passenden Textstellen. Interessant fand ich persönlich den Teil zur historischen Apotheke im ehemaligen Krankenhaus Bethanien in Berlin (weil ich in dem Haus mal einen Vortrag gehalten habe), ansonsten war das Buch zwar sehr schnell zu lesen für mich aber wenig spannend. Ich hatte mir unter Spurensuche etwas anderes vorgestellt.

53. Gabriele Tergit: Effingers (23.06.2019) **
Es ist das Jahr der „dicken“ Bücher und dieses Buch gehört zu den dicken aber lesenwerten Büchern. Es ist die Geschichte einer Familie von 1878 bis – eigentlich 1939 – mit einem Brief und einem Epilog bis in das Jahr 1948. Eine Geschichte, wie es sie sicher oft gegeben haben könnte – vom Wunsch, etwas aufzubauen, vom Ringen zwischen Vorsicht und Sicherheit und unternehmerischem Risiko, vom Nachdenken über politische Entwicklungen, von Genuß und Luxus aber auch von persönlichem Leid während des ersten Weltkriegs und der Zeit ab 1933. Ein aus meiner Sicht lesenswertes Buch!

52. Max Kruse: Das silberne Einhorn (23.06.2019) ***
Ein kleines Buch mit wunderschönen Sätzen. Es sind diese Sätze, die mich beim Lesen verzaubert haben. Es ist die kleine und schöne Geschichte von einem König, der aufgrund einer „bösen“ Verzauberung einer Fee traurig ist. Nur seine Tochter kann ihn mit einem silbernen Einhorn von diesem Zauber erlösen. Einfach wunderschön und sehr lesenswert, auch ein gutes Buch zum Verschenken!

51. Yoko Ogawa: Das Geheimnis der Eulerschen Formel (16.06.2019) ***
Meine mathematischen „Fähigkeiten“ sind ja durchaus begrenzt, umso mehr hat mich dieses Buch begeistert. Eine Frau arbeitet bei einem ehemaligen Professor als Haushaltshilfe. Aufgrund einer Kopfverletzung ist sein Erinnerungsvermögen auf circa 80 Minuten begrenzt – was er jedoch nie vergessen hat, ist seine Liebe zu Zahlen, Formeln und zur Mathematik. Über diese Ebene entwickelt sich zwischen der Haushaltshilfe, ihrem Sohn und dem Professor eine große Nähe, eine besondere Art von Freundschaft. Ein sehr schönes Buch, weil es die Welt der Zahlen in einem Roman verpackt!

50. Sei Shonagon: Das Kopfkissenbuch (10.06.2019) **
Ich hatte das Buch letztens schon zufällig irgendwo gesehen, in Essen habe ich es dann gekauft – was sowohl am spannenden Titel als auch an der schönen Aufmachung lag. Das Kopfkissenbuch enthält die Gedanken und Betrachtungen der Hofdame Sei Shonagon, die vor über 1000 Jahren in Japan gelebt hat. Das Erstaunliche: viele dieser Gedanken sind einfach zeitlos, andere enthalten eine Fasziniation, die den zeitlichen Abstand von 1000 Jahren mühelos überbrücken kann. Zeitlos sind die Gedanken zum Umgang von Menschen miteinander, faszinierend der Gedanke, daß man sich gegenseitig Gedichtzeilen schrieb und damit auch antwortete (ich wäre da definitiv verloren!).
Ein schönes Buch, das mich in gewisser Weise auch an die Essays von Montaigne und den Gedanken, daß beide irgendwie „Blogger ohne Blog“ sind, erinnerte.
Einige der schönen Sätze habe ich bei Twitter in einem Thread gesammelt.

49. Genki Kawamura: If cats disappeared from the world today (30.05.2019) ***
Ein Zufallsfund. Letzte Woche flanierte ich vor meinem Theaterbesuch durch die Buchhandlung Dussmann. Zufällig sah ich dieses Buch. Beim ersten Anlauf kaufte ich es nicht. Aber einen Tag später konnte ich nicht mehr widerstehen….. – eine sehr gute Entscheidung!
Stellt Euch vor, Ihr erfahrt, daß Ihr unheilbar krank seid und sehr bald sterben werdet. Es ist für Euch sehr überraschend. Ihr kommt nach Hause und vor Euch steht der Teufel und bietet Euch einen „Deal“ an. Dieser Deal ist natürlich ein bißchen tückisch – es ist ja auch der Teufel!
Ein sehr schönes und nachdenklich machendes Buch, das mich sehr angesprochen hat – gerade auch weil ich (wie die Hauptperson) komplett alleine lebe und in meinem Privatleben praktisch kaum enge Kontakte habe (wer meine Tweets in den letzten anderthalb Jahren gelesen hat, weiß warum das so ist).

48. Orhan Pamuk: Das schwarze Buch (23.05.2019) **
Manchmal überschneiden sich Themen irgendwie…. Schon in dem Buch „Die 40 Geheimnisse der Liebe“ von Elif Shafak waren mir Rumi und Schams-e Tabrizi begegnet. Auch in Orhan Pamuks Buch tauchten sie – unter ihren türkischen Namen – auf. Das Buch enthält die Geschichte einer Suche – ganz offensichtlich nach einer Frau und ihrem Stiefbruder, aber irgendwie darunter auch nach alten Geschichten, nach Werten und nach „Grundlagen“. Ich habe einige sehr schöne Sätze in diesem Buch gefunden – so zum Beispiel „Das Gedächtnis ist ein Garten.“ Insgesamt ein schönes Buch, meines Erachtens aber nicht das beste Buch von Orhan Pamuk.
Meine Gedanken zu dem Buch könnt Ihr – bei Interesse – in diesem Thread nachlesen.

47. Bärbel Wardetzki: Narzissmus, Verführung und Macht (09.05.2019) ***
Eher zufällig habe ich gestern dieses Buch aus dem Regel gezogen und mit dem Lesen angefangen. Und wie so oft war es der Zufall, der mir das richtige Buch zur richtigen Zeit in die Hand legte. Ich habe beim Lesen sehr intensiv getwittert – ein ganzer Thread mit Gedanken, die mich bewegt haben und mit spannenden Antworten, Fragen und Denkanstößen aus meiner Timeline. Es war ein sehr intensives Lesen – die Frage, welche narzisstischen Anteile ich selber in mir trage, wie ich damit umgehe, wo ich mich „sehe“ aber auch die gesellschaftlichen und politischen Fragen, die ich als sehr aktuell und wichtig empfinde. Es ist jedenfalls ein Buch, das mich gedanklich sehr bewegt hat und das mir – gerade weil es an manchen Stellen auch sperrig war – gut getan hat.

46. Vladimir Nabokov: Pnin (02.05.2019) **
Pnin war mir sofort sympathisch. Dieser nicht wirklich attraktive und irgendwie immer leicht unglücklich agierende Mensch macht es einem leicht ihn zu mögen (das Nachwort setzt ihn in Verbindung mit „Don Quixote“, den ich auch sehr mag – ja, kann ich nachvollziehen). Verwirrend war, daß der Erzähler mal allwissend auftrat, mal selbst eine Rolle in der Geschichte spielte und daher vieles (was Pnin in seiner Abweisenheit macht, denkt und fühlt) gar nicht wissen konnte. Dieses Vermengen der Ebenen war einerseits – wie gesagt – verwirrend, andererseits faszinierend. Schön fand ich auch viele Sprachschöpfungen – ein Aspekt, der für mich durchaus sehr wichtig ist.

45. Daniel Kehlmann: Tyll (01.05.2019) ***
Tyll stand schon ziemlich lange im Bücherregal. Mindestens ein Jahr, wenn nicht länger. In der Hardcoverausgabe hatte es das Buch in das Regal im Wohnzimmer geschafft, aber eben nicht auf den Lesestapel. Der „Hype“ um das Buch störte mich ein bißchen, schreckte mich ab. Kurz vor meiner Reise nach Lübeck lief ich unschlüssig an meinen Büchern entlang und griff dann sehr kurzentschlossen nach diesem Buch: eine sehr gute Entscheidung. Das Buch hat mir richtig gut gefallen. Ich mochte die Geschichte, die Sprache und auch die Tatsache, daß die Geschichte gar nicht linear erzählt wird. Das Springen zwischen den unterschiedlichen Zeiten war manchmal verwirrend aber immer spannend. Gleichzeitig haben mich manche Fragen (über das Empfinden von Zeit, über die Rolle des Hofnarren) zum Nachdenken gebracht – manche dieser Aspekte habe ich auch getwittert, zum Teil ergaben sich daraus interessante Gespräche.

44. James Joyce: Ulysses (22.04.2019) **
Ein Stück Weltliteratur – lange vor mir her geschoben, weil das Buch ja schon ziemlich umfangreich ist. Aber der Theaterabend in Hagen am 22.04. motivierte mich zum Lesen. Ich bin etwas unschlüssig, wie gut ich das Buch finde. Ich mochte die vielen Anspielungen auf Shakespeare, insbesondere Hamlet. Es war durchaus spannend, Leopold Bloom durch seinen Tag zu folgen, ihm und den anderen immer wieder auch in ihren Gedanken und inneren Monologen zu begegnen. Von daher: gut, daß ich das Buch gelesen habe, aber definitiv nicht einer meiner Lieblingsklassiker! Vielleicht weil mir die Frauen und ihre Darstellung in dem Buch zu wenig gefielen …..

43. Richard Wiseman: Machen, nicht denken! (12.04.2019) **
Ein Buch aus dem man ziemlich am Anfang eine Seite rausreißen, in vier Teile aufteilen und dann zerknüllen soll? Ja, gibt es und ich habe das sogar gemacht. Das Buch stellt im Hinblick auf viele unterschiedliche Lebensbereiche die psychologischen Erkenntnisse von William James und dessen Nachfolgern vor. Grundlage ist das „Als-ob-Prinzip“. Ein interessantes Beispiel: ein Mensch der lächelt fühlt sich glücklich. Laut James lächelt der Mensch nicht, weil er glücklich ist, sondern er erklärt sich das Lächeln damit, daß er glücklich sein muß. So haben Menschen für alle körperlichen Reaktionen Erklärungen, die ihr Handeln und Empfinden beeinflussen. Faszinierend ist diese Erklärung dort, wo es zum Beispiel um das Gefängnisexperiment von Zimbardo oder auch um die Geschehnisse von Abu Graib geht. Ich habe mir jedenfalls vorgenommen ein paar der verlinkten Texte zu lesen, da ich vieles sehr spannend und durchaus nachvollziehbar fand.

42. Julian Barnes: The Noise of Time (12.04.2019) **
Ein Zufallskauf – wenn ich mich richtig erinnere in Essen in der Buchhandlung Proust, die oft sehr schöne und interessante Bücher hat. Der Text auf dem Buchrücken, der mit den Worte „In May 1937…“ anfängt hat mich irgendwie angesprochen. Es war (ohne daß ich das vor dem Lesen wußte) ein Roman über den Komponisten Schostakowitsch – vor allem über seine „Begegnungen mit der Macht“. Ich konnte die Angst spüren, die er Nacht für Nacht hatte, als er darauf wartete vom NKWD abgeholt werden. Ich konnte auch den inneren Kampf spüren, als er mit sich rang, ob er in die Partei eintreten sollte oder nicht. Ein sehr interessantes Buch, das den „Kampf“ des Künstlers in einer unfreien Gesellschaft sehr anschaulich nachzeichnet und gerade dadurch den Wert der Freiheit sehr gut aufzeigt.

41. Simone de Beauvoir: Une mort très douce (10.04.2019) ***
Dieses Buch hat mich tatsächlich zum Weinen gebracht. Simone de Beauvoir schildert die letzten Wochen ihrer Mutter, die Sorge um sie, die Zeit im Krankenhaus nach einem Sturz und ihr langsames Sterben. Ich konnte vieles nachempfinden, auch wenn die Geschichte der Begleitung meiner Mutter ganz anders war – länger, schöner, ohne Reue oder Vorwürfe und (nach einer kurzen schwierigen Zeit) mit einem sehr schönen Tod. Trotzdem kamen mir am Ende die Tränen. Ein schönes Buch – aber man muß sich mit dem Thema „Tod“ und „Sterben“ beschäftigen wollen, wenn man dieses Buch lesen möchte!

40. Pascale Hugues: La robe de Hannah (09.04.2019) ***
Ich mag die Bücher von Pascale Hugues, sehr sogar. Immer wieder gräbt sie „kleine“ auf den ersten Blick fast unbedeutende Geschichten von Menschen aus und erzählt sie. Hier die Geschichten von Menschen, die in einer bestimmten Straße in Berlin gewohnt haben – der Straße, in die Pascale Hugues irgendwann gezogen ist. Es sind kleine Geschichten von Menschen, die man sonst nicht kennen nicht würde und die doch viel über die Geschichte Berlins erzählen. Als Französin wirft sie einen unbefangenen und neugierigen Blick auf die Straße, die Häuser, die Menschen und ihre Geschichten. Ein wirklich schönes Buch, auch wenn einige der Geschichten sehr traurig sind!

39. Stefan Zweig: Brief einer Unbekannten (09.04.2019) **
Ich bin etwas unentschlossen, wie ich mit diesem Büchlein „umgehen“ soll. Einerseits fand ich es sehr spannend, daß Zweig die ganze Geschichte als Brief aus der Perspektive einer Frau erzählt und fühlte mich bei manchen Gedanken und Gefühlen schon „ertappt“, andererseits fand ich manches „übertrieben“, was aber auch damit zusammenhängen kann, daß wir einfach eine andere Zeit haben. Insgesamt eine durchaus schöne Geschichte, die schnell gelesen ist!

38. Jaroslav Hasek: Die Abenteuer des guten Soldaten Sveijk im Weltkrieg (03.04.2019) *
Heureka, ich habe dieses Buch endlich durch. Es war Teil meiner Theaterlektüre und ich hatte bis zur Aufführung nur 780 (von 888) Seiten geschafft. Diese allerletzten Seiten habe ich heute „bezwungen“. Ja, das Buch ist stellenweise witzig und ich konnte über die Art und Weise, wie Sveijk reihenweise Vorgesetzte und Beamte in den „Wahnsinn“ treibt auch lachen. Aber insgesamt war mir das Buch zu lang und zu langweilig. ….

37. Friedrich Dürrenmatt: Romulus der Große (02.04.2019) ***
In einem Twittergespräch über Dürrenmatt haben @karin1210 und @itbeobachter diese Komödie erwähnt und ich war neugierig genug, sie beim letzten Besuch einer größeren Buchhandlung zu kaufen. Die Dialoge in dieser Komödie sind einfach brilliant. Besonders genial fand ich natürlich den Reiterpräfekten Spurius Titus Mamma, der vorwiegend „Ich bin ja so müde.“ sagt. Er wäre sicher ein guter Twitterer….. Die Dialoge erscheinen manchmal so skurril, daß man sich verwundert die Augen reibt und erst am Ende versteht, daß alles „irgendwie“ einen Sinn macht. Ein sehr gelungenes Stück, das ich gerne einmal irgendwo auf der Bühne sehen würde!

36. Arthur Miller: The Crucible (01.04.2019) ***
Das Drama „The Crucible“ ist beängstigend und bedrückend. Es war Teil meiner „Theaterlektüre“ und der Satz von Arthur Miller, daß er etwas über den Zustand eines Landes sagen könne, wenn dort vermehrt dieses Stück gespielt werden, fand ich auf eine gewisse Art und Weise fast „bedrohlich“. Ausgehend von den (leicht veränderten) echten Ereignissen der Hexenjagd in Salem (Massachusetts) zeigt Miller in diesem Stück, wie schnell unbescholtene Menschen unter die Räder kommen können und wie schwer in schwierigen Zeiten die Unterscheidung von Wahrheit und Lüge und die Entscheidung zwischen dem eigenen Wohl und den eigenen Werten sein kann. Wie „attraktiv“ ist es, etwas Falsches zu gestehen, wenn man damit sein Leben erkaufen kann? Wie wichtig sind einem selbst die Wahrheit und die eigenen Werte? Schwierige Fragen, die Miller bei mir mit diesem Stück hervorgerufen hat. Interessanterweise paßte es sehr gut, dieses Stück genau nach „Soumission“ von Houellebecq zu lesen – es stellte auf eine gewisse Weise eine Art „Gegenpol“ dar.

35. Michel Houellebecq: Soumission (31.03.2019) ***
Sehr lange wollte ich das Buch nicht lesen. Was sollte ich auch mit einem „Skandalroman“ in dessen Zentrum die Wahl eines muslimischen Präsidenten in Frankreich steht? Aber demnächst steht der Besuch einer Theateraufführung zu „Unterwerfung“ an und ich gehe relativ ungern in Stücke, die ich vorher nicht gelesen habe. Also habe ich mir das Buch besorgt, angefangen es zu lesen und ja, ich war und bin begeistert. Francois, der Ich-Erzähler, ist ein älterer einsamer Literaturprofessor an der Uni, der sich vor vielen Jahren auf Huysmans spezialisiert hat. Sein Leben ist zutiefst langweilig und während er von seinen Kursen, den Kollegen, den fehlenden Beziehungen, den flüchtigen Affären und dem immer gleichen Einerlei in seinem Leben erzählt, verändert sich Frankreich politisch. Es geht in den Gesprächen, die Francois führt, nun um Identitäre, um den Front National und um eine muslimische Partei, die plötzlich den Präsidenten und die Regierung stellt. Was verändert sich dadurch? Und inwieweit macht Francois „mit“? Mir hat der Roman jedenfalls sowohl sprachlich als auch inhaltlich sehr gut gefallen und ich bin gespannt auf die Umsetzung im Theater, die ich demnächst erleben werde.

34. Stefan Zweig: Amerigo. Die Geschichte eines historischen Irrtums (24.03.2019) ***
Warum wurde Amerika nach Amerigo Vespucci benannt und was hat Vespucci damit zu tun? Eine spannende Frage, mit der sich Zweig in diesem Text etwas ausführlicher beschäftigt. War Vespucci ein dreister Lügner? Ein Fälscher? Ein Profiteur? Oder waren es andere, die ohne sein Wissen und Wollen Dinge „verändert“ haben? Die durchaus schonungslose Analyse paßt unglaublich gut in eine Zeit, in der wir über Fake News und deren Wirkung, über Reichweite und über Verlage/Verleger sprechen. Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung, was alles hinter dieser Geschichte steckt!

33. Michail Bulgakow: Das hündische Herz (24.03.2019) **
Der Roman von Bulgakow ist die Geschichte eines „phantastischen“ Experiments, das einerseits Anspielungen an Faust, andererseits aber auch an eine mündlich überlieferte Moskauer Legende enthält. Was passiert, wenn man einem Hund das Gehirn und die Samenstränge eines Menschen einpflanzt? Lumpi, der Straßenköter erlebt und überlebt dieses Experiment und verändert sich ….. Sehr sogar. Eine spannende Geschichte, die mich aufgrund der Erläuterung auch reizt, mich irgendwann mit „Meister und Margarita“ zu befassen!

32. Elif Shafak: Die 40 Geheimnisse der Liebe (22.03.2019)***
Ella ist mit ihrem Leben irgendwie unzufrieden, obwohl sie „nach außen hin“ eigentlich alles hat. Immerhin hat sie jetzt neben ihrer Familie einen Job – sie soll ein Gutachten über einen Romanentwurf schreiben. Dieser Roman hat es in sich, denn er erzählt wie Rumi durch die Begegnung mit dem Derwisch Schams-e Tabrizi von einem Gelehrten zu einem Dichter wird. Dabei wird die Geschichte auch aus den Blickwinkeln der vielen Menschen erzählt, die im Leben von Rumi und von Schams-e Tabrizi „vorkommen“. Zwischendurch tritt Ella in Kontakt mit dem Autor. So verweben sich die vermeintliche Realität des Romans als Rahmen und die Geschichten der Begnungen aus Rumis Zeit zu einer schönen Geschichte.

31. Margriet de Moor: Sturmflut (17.03.2019) ***
Ein unglaublich spannender Roman, der mich beim Lesen an zwei andere Texte erinnert hat – an den „Schimmelreiter“ von Theodor Storm und dessen vergeblichen Kampf um einen guten Deich und gegen die Fluten und – wegen der zufälligen Willkür des Schicksals – an Max Frisch‘ „Biographie. Ein Spiel“. Zwei Schwestern telefonieren miteinander. Eine schlägt der anderen vor, für sie einen Besuch an der Küste zu machen, weil sie lieber zu einer Party gehen möchte. Genau in dieser Nacht kommt eine Sturmflut. Das Leben der beiden Schwestern ab dem Moment der Entscheidung wird abwechselnd erzählt. Es ist kein einfaches Buch, aber ich fand es (gerade nach der Frisch-Lektüre) sehr spannend.

30. Robert Menasse: Die Hauptstadt (12.03.2019) **
Ja, auch das war Theaterlektüre ….. Ich weiß nicht, ob ich den Roman ohne den Anreiz der anstehenden Theateraufführung gekauft hätte. Der Roman an sich ist herrlich skurril und enthält eine derartige Vielzahl von Personen und Erzählsträngen, daß man leicht den Überblick verlieren kann. Wirklich verbindend ist am ehesten noch das Schwein, das – einfach so – durch Brüssel läuft. Die Geschichte(n) an sich fand ich eher banal – es ist für mich in ganz wesentlichen Teilen eine Art von Kritik an der Arbeitsweise der Europäischen Kommission. Ja, diese Kritik kann ich durchaus nachvolllziehen, ich finde sie aber nicht „romanwürdig“. Insofern mochte ich das Schwein (das in der Essener Theateraufführung eine sehr wichtige Rolle spielte) besonders!

29. Fjodor Dostojewski: Der Idiot (10.03.2019) **
Wieder „Theaterlektüre“. Es war spannend, dieses 700-Seiten-Buch zu lesen (ungleich spannender als „Schwejk“, an dem ich immer noch „knabbere“…..). Gleichzeitig blieb mir die Hauptperson – der „Idiot“ – doch etwas fremd. Zu gut für die Welt, für die Menschen und auch für mich. Einerseits fand ich die Geschichte in manchen Aspekten spannend, andererseits dann auch wieder nicht. Wirklich faszinierend war das, was das Schauspiel Düsseldorf dann in knapp 4 Stunden aus diesem Stück gemacht hat. Es war gut, das Stück vor dem Theaterbesuch zu kennen – gleichzeitig fand ich die Umsetzung im Theater sehr gelungen!

Arthur Miller: A view from the bridge (09.03.2019) **
Ja, auch das war „Theaterlektüre“. Ich habe bisher sehr wenig von Arthur Miller gelesen und so war mein geplanter Theaterbesuch ein guter Grund, um „A view from the bridge“ zu lesen. Es ist eine deprimierende Geschichte – von Angst, Kleinmut, Verrat und der Unterscheidung zwischen „denen, die schon da sind“ und „denen, die kommen“. Gerade weil es in diesem Stück auch um Flüchtlinge geht und um moralische Vorstellungen, fand ich das Stück überraschend aktuell und spannend. Ohne Theaterbesuch hätte ich es aber nicht unbedingt gelesen …..

28. Max Frisch: Biographie. Ein Spiel (08.03.2019) ***
Auch dieses Stück war „Theaterlektüre“ und einfach genial – sowohl gelesen als auch im Theater (in Essen). Ich finde die Frage „was wäre wenn“ hoch spannend. Die Vorstellung, daß man im Leben „zurückgehen“ und Begegnungen vermeiden oder verändern kann, ist schon sehr faszinierend. Ich habe mir wirklich die Frage gestellt, ob und welche Aspekte meines Lebens ich verändern würde. Allein das Spiel mit diesem Gedanken (und die durchaus überraschenden Wendungen in dem Stück) fand ich brilliant.

Molière: Le Tartuffe (01.03.2019) **
Der „Tartuffe“ war – man ahnt es schon – Teil meiner Theaterlektüre. Ich wollte unbedingt vor dem Theaterbesuch das Stück gelesen haben, denn ich finde es spannend zu sehen, was die Inszenierung aus einem Stück „macht“. Es war einer der „Klassiker“, die ich noch nicht gelesen hatte (ja, da gibt es noch viel mehr und das dicke Buch mit den ganzen Molière-Stücken schaut mich immer ein bißchen vorwurfsvoll an …..). Das Stück ist witzig, aber aus meiner Sicht gibt es bessere Schauspiele von Molière.

27. Robert Zimmer: Denksport Philosophie (23.02.2019) **
Ich habe das Buch irgendwann mal angefangen und nicht weitergelesen, vor ein paar Tagen fiel es mir wieder in die Hände und diesmal habe ich es bis zum Ende durchgelesen. Ich mag philosophische Themen und Fragen sehr, allerdings fehlt mir das Grundwissen. Dieses Buch hat mir einige spannende Einblicke vermittelt – besonders gut fand ich die Aufgaben zum Mitdenken – einen Philosophen anhand seines Lebenslaufs erkennen, über philosophische Fragen die zum Thema passen nachdenken und jeweils mit Lösungen beziehungsweise Lösungsvorschlägen im Anhang. Ein wirklich gutes Buch!

26. Margriet de Moor: Schlaflose Nacht (23.02.2019) **
Ein Mann bringt sich in jungen Jahren nach nur knapp anderthalb Jahren Ehe um und keiner weiß warum. Es gibt keinen Abschiedsbrief, keinen konkreten Grund. Wie geht die junge Witwe damit um? Was macht sie in den schlaflosen Nächten, die plötzlich zu ihrem Leben gehören? Sehr einfühlsam und schön geschrieben.

25. Erdmut Wizisla: Benjamin und Brecht Die Geschichte einer Freundschaft (20.02.2019) *
Schon irgendwann 2018 begonnen, habe ich mich durch dieses Buch „durchgequält“. Ja, ich wollte mehr wissen über die Freundschaft zwischen Brecht und Benjamin und es gab durchaus Aspekte, die ich interessant fand. Insgesamt war es aber „nicht mein Buch“.

24. Dürrenmatt: Das Versprechen (20.02.2019) **
„Das Versprechen“ ist Teil meiner „Theaterlektüre“ – ich versuche ja meistens, bevor ich ins Theater gehe, das zugrundeliegende Werk zu lesen. Beim Titel hatte ich auch gar nicht an den Film (Es geschah am helllichten Tag) gedacht, das Buch ist ohnehin etwas anders als der Film. Es geht vor allem um den Aspekt des Zufalls. Ich bin gespannt, wie es im Theater sein wird.

23. Leo N. Tolstoi: Die Kreutzersonate (19.02.2019) ***
Ein Buchthema als Dialog? Leo Tolstoi schrieb seine Geschichte zuerst, das Buch von Sofja Tolstaja „Eine Frage der Schuld“ ist die Antwort seiner Ehefrau auf sein Buch. Ich fand das Buch sehr spannend. Während einer nächtlichen Bahnfahrt erzählt der Protagonist, daß und warum er seine Ehefrau ermordet hat. Sehr spannend geschrieben, sehr lebenswert! Aber man sollte unbedingt auch „Eine Frage der Schuld“ dazulesen – gerade dieser Dialog macht das Buch besonders interessant!

22. Margriet de Moor: Erst grau dann weiß dann blau (18.02.2019) **
Ein Buch, das im wesentlichen eine Geschichte über ein Paar und ein befreundetes Ehepaar erzählt. Aus mehreren Perspektiven, die zwischendurch wechseln. Das eigentlich Erstaunliche: die Frau verschwindet irgendwann einfach für eine längere Zeit und irgendwann ist sie wieder da. Ohne Erklärung. Ohne Gespräch. Wie geht man damit um? Was passiert, wenn man damit gar nicht umgehen kann? Gut geschrieben und wirklich lesenswert!

Wilhelm Hauff: Das kalte Herz (17.02.2019) **
Als Teil meiner „Theaterlektüre) habe ich diese Geschichte gelesen – eine schöne Geschichte, die man durchaus lesen und kennen sollte!

21. Ödön von Horvath: Geschichten aus dem Wiener Wald (13.02.2019) **
Ein Theaterstück über die katastrophalen Irrungen und Wirrungen von Gefühlen und Liebe. Nichts geht gut aus, niemand ist dauerhaft glücklich. Und doch hat dieses Theaterstück einen unglaublichen Charme – gerade weil man ahnt oder weiß, daß nichts gut wird!

20. Sofja Tolstaja: Eine Frage der Schuld (04.02.2019) **
Leo Tolstoi hat in der Kreutzersonate (die ich auch noch lesen muß) den Mord eines Mannes an seiner Ehefrau geschildert. Seine Ehefrau hat – als Antwort auf dieses Werk – aus der Sicht einer Ehefrau ebenfalls einen solchen Mord geschildert. Es sind Gesellschafts- und Familienbilder, die mir in mancher Hinsicht fremd sind. Den Gedanken der literarischen Antwort fand ich aber sehr spannend!

19. Ha Jin: Waiting 03.02.2019) ***
Ein direkter Verweis aus dem Buch „Nichtstun“, dem ich einfach folgen mußte: China in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Ein Arzt ist mit einer Frau verheiratet, die seine Eltern für ihn ausgesucht haben. Er liebt sie nicht. Irgendwann lernt er in der Stadt am Krankenhaus eine Krankenschwester kennen, die er mag. Sie mag ihn auch. Er möchte sich von seiner Frau scheiden lassen, aber das ist gar nicht so einfach. Eine ziemlich schwierige und hoffnungslose Situation – für beide. Und das für eine lange Zeit…. Ich fand das Buch sehr eindrucksvoll – gerade auch im Hinblick auf die sehr starren Regeln der Zeit und die Qualen, die solche Regeln mit sich bringen können.

18. Gaito Gasdanow: Die Rückkehr des Buddha (03.02.2019) **
Es gibt Bücher, die verwirren. Das Buch von Gasdanow gehört dazu. Erstaunlicherweise (und völlig unbeabsichtigt) paßt es auch gut zum Thema Warten. Es geht um einen Mord und um einen Menschen, der immer wieder zwischen Realität und Wahn hin und her wandert. Nicht schlecht, aber lange nicht so gut wie „Das Phantom des Alexander Wolf“.

17. Coen Simon: Warten macht glücklich! Eine Philosophie der Sehnsucht (01.02.2019) *
Durch Zufall (beim Bestellen des Buches „Waiting“ von Ha Jin) habe ich dieses Buch gefunden und auch bestellt. Ich fand es allerdings enttäuschend. Ich kann zwar manche Gedanken nachvollziehen, empfand das Buch für mich aber als nichtssagend. Ein Beispiel? Der Autor sagt, daß Warten schöner ist als die Erfüllung, weil das, was eintritt nie so schön ist, wie die Vorstellung davon. Aber setzt „glückliches Warten“ – für das ich eher den Begriff „Vorfreude“ wählen würde – nicht trotzdem den Eintritt des Ereignisses voraus? Kann Warten auf etwas, das nie eintritt wirklich glücklich sein? Es war jedenfalls nicht „mein Buch“.

Hendrik Ibsen: Die Stützen der Gesellschaft (27.01.2019) **
Ein sehr interessantes Theaterstück, in dem es um Feigheit, verweigerte Gespräche und ganz allgemein um Lebenslügen geht. Es war gut, daß Stück vor dem Theaterbesuch zu lesen, mir hat es gut gefallen (auch die Inszenierung des Stücks in Düsseldorf).

16. Billy Ehn/Orvar Löfgren: Nichtstun Eine Kulturanalyse des Ereignislosen und Flüchtigen (26.01.2019) ***
Vor einiger Zeit schon gekauft, fiel mir dieses grandiose Buch durch Zufall nach dem Lesen der Bücher von Zürcher und Cueni in die Hände. Besser hätte es thematisch nicht passen können. Das Buch behandelt drei unterschiedliche Themengebiete – das Warten, Gewohnheiten und Rituale und das Tagträumen. Ich fand den ersten Teil (das Warten) am spannendsten. Die Frage „Was tun Sie, wenn Sie warten?“ fand ich sehr anregend – auch die zahlreichen Beispiele aus der Literatur. Interessanterweise denke ich beim Warten jetzt öfter über das Warten nach, sozusagen eine Art „Metawarten“.

15. Claude Cueni: Warten auf Hergé (23.01.2019) ***
Ein (ein kleines bißchen böse) witziger Roman über die Comicfiguren von Hergé. Was passiert eigentlich mit Comicfiguren, wenn ihr Schöpfer sie nicht mehr in neue Abenteuer schickt? Tintin-Lutin („Tim“ aus Tim und Struppi heißt im Original „Tintin“) und seine Freunde sind verunsichert. Wo bleibt Hergé? Und warum schickt er sie nicht endlich mal wieder in eine neue Geschichte? In einem Roman in dem es um das Altern, den Tod und auch den Umgang damit geht, wird – en passant – auch die (unschöne) Vergangenheit von Hergé thematisiert. Ein sehr lesenswerter Roman, der für mich gerade zum jetzigen Zeitpunkt thematisch sehr gut paßte!

14. Urs Zürcher: Alberts Verlust (22.01.2019) ***
Alberts Verlust war für mich ein Gewinn – eine sehr schöne Sprache, eine sehr interessante Geschichte und ein Thema, das mich fasziniert und beschäftigt. Das Thema: Albert hat nach einem Unfall sein biografisches Gedächtnis verloren. Wie kann er es wiederfinden? Wie lebt man ohne Erinnerung? Ist Zukunft ohne Erinnerung möglich? Und für mich dann die Gegenfrage (die nicht zum Roman gehört): Wieviel Vergessen brauchen wir, um glücklich leben zu können? Spannende Fragen, die eigentlich auch irgendwann in einen Blogbeitrag gehören…..

13. Axel Hacke: Über den Anstand in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wir miteinander umgehen (20.01.2019)*
Ein wichtiges Thema – deshalb habe ich das Buch gekauft. Inhaltlich hat es mich nicht wirklich überzeugt. Das Buch enthält einige gute Verweise auf andere Bücher, die sich mit diesem Thema irgendwie auseinandersetzen (zum Beispiel „Die Pest“ von Camus), aber mir fehlte irgendwie die „richtige Aussage“. Es waren irgendwie „nur“ die Gedanken des Autors, die für mich ohne roten Faden auf das Papier geflossen waren – immer unterbrochen von einem Dialog mit einem Freund. Richtigerweise spricht der Autor das Problem der eigenen inneren Widersprüche an, verfolgt dieses Thema aber nicht wirklich und wird an manchen Stellen (zum Beispiel beim Thema „Dummheit“) in meinen Augen sogar ein bißchen überheblich. Schade, ich hatte mir mehr von diesem Buch versprochen.

12. Andreas Bernard: Das Diktat des #hashtags – Über ein Prinzip der aktuellen Debattenbildung (19.01.2019) **
Ein hoch interessantes Thema, ein kurzer Essay mit einem geschichtlichen Überblick zu Schlagworten und zum Hashtag an sich, leider nur eine kurze Diskussion der Hashtagnutzung, die ich zwar interessant aber für mich nicht tiefgehend genug fand.

11. Arnold Retzer: Miese Stimmung – Eine Streitschrift gegen positives Denken (19.01.2019) ***
Das Buch stand schon ziemlich lange in meinem Bücherregal. Vor ein paar Jahren hatte ich es angefangen, ich war aber nicht weit gekommen. Eine Diskussion rund um das Thema „Hoffnung“ oder „Hoffnungslosigkeit“ hatte mich angeregt, es aus dem Regal zu ziehen und einmal – ganz von vorne zu lesen. Ich fand das Buch sehr interessant – gerade auch, weil es sich sehr kritisch mit dem „Dogma“ des positiven Denkens auseinandersetzt. Gerade die Fragen nach einer Pathologisierung von negativen Gefühlen, dem Einfluß des Zeitgeistes auf die Klassifizierung von und den Umgang mit negativen Gefühlen, die Fragen nach „Aufgeben“, Ängsten und Trauer fand ich sehr spannend und auch persönlich sehr hilfreich.

10. Reclam: Erläuterungen und Dokumente zu Klaus Mann Mephisto (18.01.2019) **
Parallel zum Roman habe ich die Erläuterungen und Dokumente gelesen. Ich hätte viele Anspielungen sonst wohl nicht verstanden beziehungsweise erkannt, auch die historische Einordnung und die Diskussionen rund um die Veröffentlichung und Wiederveröffentlichnung nach dem Krieg fand ich sehr spannend.

9. Klaus Mann: Mephisto Roman einer Karriere (17.01.2019) ***
Ende November wollte ich mir im Burgtheater in Wien dieses Werk als Theaterstück anschauen. Leider fiel die Vorstellung wegen Krankheit mehrerer Ensemblemitglieder aus und es wurde statt dessen eine kurze Lesung (Thomas Bernhard) veranstaltet. In der Buchhandlung im Burgtheater (ich fand es glorreich, daß es dort eine Buchhandlung gibt, die vor den Vorstellungen geöffnet ist – finanziell war dies natürlich mein Untergang!) habe ich mir dann trotzdem das Buch von Klaus Mann und einen Erläuterungstext von Reclam zu diesem Buch gekauft. Ich finde das Buch grandios – das liegt aber auch an meinem besondere Interesse für diese Zeit!

8. J.D. Salinger: The Catcher in the Rye (15.01.2019) *
Meine Pflichtlektüre für den 1. Januar 2019 und das Projekt #50guteGründe (und daher in 2018 begonnen). Vor vielen vielen Jahren habe ich das Buch im Englisch-LK gelesen. Lange her und ich habe mich an fast gar nichts erinnert. So war es tatsächlich spannend, das Buch noch einmal zu lesen. Ich weiß auch nicht, ob ich es damals „toll“ fand, jetzt jedenfalls war es „ok“, aber nicht herausragend.

7. E.T.A. Hoffmann: Lebens-Ansichten des Katers Murr (14.01.2019) **
Schon 2018 zum größten Teil durchgelesen (für den Adventskalender 2018), aber erst in diesem Jahr zuende gelesen. Gerade der häufige Wechsel zwischen den Geschichten von Murr und der Geschichte von Kreisler war spaßig. Allerdings hätte ich das Nachwort mit dem Lebenslauf von E.T.A. Hoffmann zuerst lesen sollen, dann hätte mich die Geschichte noch mehr begeistert und gefesselt. Ich bin froh, daß ich dieses Buch – das schon sehr lange in meinem Bücherregal stand – endlich gelesen habe!

6. Inger-Maria Mahlke: Wie Ihr wollt (14.01.2019) *
Auch ein Buch, das ich schon 2018 begonnen habe. Ich fand es sperrig, es hat sich mir irgendwie verweigert, auch wenn ich das historische Thema (Familiengeschichte der Tudors nach Henry VIII) eigentlich mag.

5. Christoph W. Bauer: Im Alphabet der Häuser (13.01.2019) **
Dieses Buch habe ich Anfang Dezember aus Innsbruck mitgebracht (ich wollte ja eigentlich gar nichts kaufen……). Zwei Menschen unterhalten sich über die Stadt und kommen dabei in ein Gespräch über die Geschichten, die die einzelnen Häuser der Stadt zu erzählen haben. Ich fand die Idee sehr schön und freue mich darauf, irgendwann noch einmal durch Innsbruck zu schlendern und auf diese Häuser zu achten.

4. Grégoire Delacourt: Alle meine Wünsche (13.01.2019) **
Dieses schlanke Büchlein habe ich bei einem Besuch der Buchhandlung Proust in Essen ganz zufällig entdeckt. Eine kleine Ladenbesitzerin aus der französischen Provinz erzählt aus ihrem Leben, den Veränderungen durch ihr Blog und durch einen Lottogewinn. Eine schöne aber auch traurige Geschichte.

3. Susanne Goga: Nachts am Askanischen Platz (12.01.2019) **
Ich mag Krimis und auch gerne historische Krimis. Die Geschichte um Leo Weichsler hat mir sehr gut gefallen – gerade auch weil ich mich für die Zeit Ende der 20er/Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts sehr interessiere.

2. Ödön von Horvath: Kasimir und Karoline (11.01.2019) **
Ende November war ich in Wien und habe dort (eher zufällig) eine Ausstellung über Ödön von Horvath besucht. Ich hatte vorher natürlich schon mal von ihm gehört, im September 2018 in Lübeck auch das Stück „Glaube Liebe Hoffnung“ gesehen, viel mehr wußte ich über ihn aber nicht. Die Ausstellung hat mir Ödön von Horvath als kritischen Geist und Beobachter näher gebracht und ich habe dort sofort ein paar seiner Werke gekauft (nicht wirklich überraschend….). Kasimir und Karoline gefiel mir gut. Besonders berührt hat mich der Text in Szene 114. Karoline sagt dort vor sich hin: „Man hat halt oft so eine Sehnsucht in sich – – aber dann kehrt man zurück mit gebrochenen Flügeln und das Leben geht weiter, als wär man nie dabei gewesen – –
http://gutenberg.spiegel.de/buch/kasimir-und-karoline-2903/2

1. Narvid Kermani: Sozusagen Paris (10.01.2019) ***
Ein Buch, das ich schon irgendwann in 2018 begonnen habe. Wirklich weit war ich nicht gekommen, obwohl ich die Geschichte interessant fand. Vielleicht fehlte mir letztes Jahr die Ruhe, mich wirklich auf das Buch und die literarischen Anspielungen einzulassen. Als ich es Anfang Januar wieder in die Hand nahm fand ich es plötzlich richtig gut. Ich konnte es gar nicht mehr aus der Hand legen!

Ein Déjà-lu …..

Am Samstag hatte ich ein „Déjà-lu-Erlebnis“ – nein, das ist kein Tippfehler und nein, ich meine kein Déjà-vu. Es ging wirklich um das lesende Erleben einer Situation, die ich vor kurzem an anderer Stelle gelesen habe.

Im Dezember habe ich im Rahmen des Adventskalenders das Buch „Se una notte d’inverno un viaggiatore“ von Italo Calvino vorgestellt. Ich habe das Buch noch nicht zuende gelesen (reiner Zeitmangel und Ablenkung durch viele gute Bücher), aber der prägende Aspekt war für mich, daß der Leser in einem sehr spannenden Moment feststellt, daß die Geschichte im Buch nicht weitergeht, weil er einen Fehldruck in der Hand hält.

Am Samstag hatte ich mir – als gleichermaßen spannende und entspannende Lektüre für die Pausen an einem langen Unterrichtstag (Dozentenschicksal) – das Buch „Das Museum der Unschuld“ von Orhan Pamuk eingesteckt. Ich saß also in der Mittagspause mit meinem Buch an einem ruhigen Ort und las die Geschichte von Kemal, Sibel und Füsun bis …. ja, bis ich erwartungsvoll vom Ende der Seite 384 – wo es um einen Jeton zum Telefonieren ging – zum Anfang der nächsten Seite schaute und da ging es plötzlich nicht mehr um einen Jeton. Ich dachte zunächst, daß ich vor Müdigkeit (frühes Aufstehen an Kurstagen ist nicht gerade meine leichteste Übung) irgendetwas übersehen oder überlesen hatte. Aber nein. Kemal schildert am Ende meiner Seite 384 daß er einen „gerändelten Je-“ hat und auf der nächsten Seite geht es dann nicht, wie ich erwartete mit „ton“ weiter, sondern mit „nommen und das würde nur sehr schwer zu ertragen sein“.

Ich war einen Moment ratlos. Dann fiel mein Blick unten auf die Seitenzahlen – nach der bereits gelesenen Seite 384 (links unten) kam nämlich (rechts unten) Seite 353. Ich blätterte schnell weiter – wobei ich sofort an das Buch von Italo Calvino dachte. Ja, statt der Seiten 384 bis 416 enthält mein Exemplar zweimal die Seiten 353 bis 384. Das ist mir auch noch nicht passiert und irgendwie witzig, daß es mir gerade jetzt – kurz nach dem Entdecken und Anlesen des genialen Buches von Italo Calvino – passiert ist.

Ich bin noch unschlüssig, was ich jetzt mache. Natürlich hätte ich (aus rechtlicher Sicht) die Möglichkeit ein anderes Exemplar zu bekommen – aber vielleicht sollte ich jetzt erst einmal das Buch von Italo Calvino weiterlesen, was sich dort ergibt, bevor ich den Kaufbeleg heraussuche und irgendetwas unternehme. Und: ganz ehrlich, irgendwie ist es ja auch witzig, einen solchen Fehldruck zu besitzen ….. obwohl ich ja schon gerne wissen würden, was Kemal und Sibel auf den Seiten 385 bis 416 erleben. Es fühlt sich komisch an, das Buch im Wissen dieser Lücke einfach auf Seite 417 weiterzulesen.

Mein Lesezeichen befindet sich jedenfalls noch unverändert auf der ersten Seite 384.

Der Momos-Traum der Überwacher

Manche Gedanken sind uralt – so auch der Traum der Überwacher zu wissen, was die Überwachten denken. Beim Lesen des Buches „Transparenztraum“ von Manfred Schneider begegnete mir (zum ersten Mal) Momos. Erster Gedanke: Genitiv von Momo? Nein, definitiv nicht, denn die Zwischenüberschrift „Momos und seine Freunde“ ließ dies nicht zu. Zweiter Gedanke? Wer um Himmels willen ist Momos?

Wer ist Momos?
Im Gegensatz zu Momo ist Momos für mich ein gänzlich Unbekannter. Dabei ist er – gemessen an seinen hervorstechenden Eigenschaften – eigentlich eine wichtige Persönlichkeit. Umso erstaunlicher, daß sein Name im Laufe der Zeit verloren ging. Momos ist nämlich der Gott des Tadels, des Spott und der scharfzüngigen Kritik. Gleichzeitig ist er derjenige, der es wagt, auch die großen Götter zu kritisieren. Und das macht ihn irgendwie sympathisch.

Die Kritik des Momos
Aesop schildert in einer Fabel, daß Zeus, Prometheus und Athene einen Wettbewerb veranstalten. Jeder der drei Götter soll etwas richtig Gutes machen, Momos soll den Wettbewerb als Schiedsrichter entscheiden. Zeus erschafft einen Stier, Athene ein Haus und Prometheus einen Menschen. Aber Momos – der eben nicht zu Unrecht den Beinamen der Tadler trägt – kritisiert alle drei Werke. Interessant ist vor allem, was er beim Werk von Prometheus kritisiert – nämlich, daß der Mensch kein Fenster zum Herzen hat, so daß die Nachbarn sehen können, was er plant. Alles, was der einzelne im Sinn hat, soll für alle sichtbar sein. Zeus ist über die Kritik an den Werken verärgert und wirft Momos vom Olymp und so verschwindet Momos von der  Bildfläche und weitestgehend auch aus dem Gedächtnis der Menschen. Auch Rainer Hagen hat Momos gesucht und seine Spuren ausführlicher zusammengetragen.

Das Fenster zum Herzen
Momos kritisiert alles und jeden. Als Tadler und Nörgler findet er kein gutes Wort. Ich sehe einerseits den mutigen Teil – alles zu hinterfragen und nicht auf die Größe des Gegenübers zu achten. Andererseits ist Kritik um der Kritik willen oft nicht hilfreich. Aufgegriffen habe ich die Fabel aber vor allem, weil mich die Forderung nach einem Fenster zum Herzen des Menschen so sehr an die aktuelle Vorgehensweise der Geheimdienste, Überwacher und auch überwachenden Unternehmen erinnert. Sie alle wollen wissen, was wir eigentlich machen, denken und fühlen. In immer mehr Kombinationen von freiwillig oder unfreiwillig erfaßten Daten und der Möglichkeit des Zugriffs auf Emails, SMS und andere persönliche Nachrichten, bilden sich andere Menschen ein „Bild“ von uns und unserer Persönlichkeit. Oftmals entspricht dieses Bild so gar nicht unserem Selbstverständnis, unserem Bild von uns selbst. Welches Bild ist richtig? Und wer bestimmt, welches Bild richtig ist?

Momos als Mutmacher
Der Vorschlag des Momos, daß jeder Mensch ein Fenster zum Herzen haben soll, verstört und verschreckt mich. Ich möchte nicht, daß jeder in mir wie in einem offenen Buch lesen kann. Ich möchte selber bestimmen, welche Gedanken und Gefühle ich wann, wo und  mit wem teile. Andererseits denke ich, daß Momos durchaus auch Mut machen kann. Völlig uneingeschüchtert kritisiert er die Werke aller drei Götter. Und da steckt der mutmachende Gedanke: was Momos kann, das können wir Menschen auch. Wir können ohne Ansicht der Person und der Stellung Meinungen, Stellungnahmen und Entwicklungen hinterfragen – allerdings sollten wir dabei freundlicher wirken als Momos, damit man uns nicht als Nörgler und Tadler (oder „Trolle“) abtut.

„Lords of Finance“

Januar 2014: wenn ich auf die letzten Jahre zurückblicke, dann liegt in mancher Hinsicht eine turbulente Zeit hinter „uns“. Mit „uns“ meine ich jetzt die Menschen in Deutschland, in der EU und auch in vielen anderen Ländern. Das Thema „Euro“ und „Eurorettung“ haben uns in den letzten Monaten und Jahren immer wieder beschäftigt, durchaus in Zusammenhang mit den diversen Bankenkrisen. Gleichzeitig ist 2014 das Jahr, in dem wir auf 1914 zurückblicken – auf den Beginn des ersten Weltkriegs.

Das Buch „Lords of Finance“ mit dem Untertitel „1929, the great depression, and the bankers who broke the world“ von Liaquat Ahamed habe ich bei einem Spaziergang durch die Frankfurter Bahnhofsbuchhandlung entdeckt. Ahamed schildert die Finanzgeschichte der Zeit von 1914 bis 1944 – eine Geschichte, die mir bisher weitestgehend unbekannt war. Nicht einmal die Namen der damals einflußreichen Banker waren mir bekannt oder kennt Ihr/kennen Sie Montagu Norman, Benjamin Strong, Emile Moreau und Hjalmar Schacht? Lediglich John Maynard Keynes war mir schon aus meiner Schulzeit bekannt – seine Rolle hätte ich aber niemals einordnen können. Durch das Buch „Lords of Finance“ habe ich spannende aber auch erschütternde Einblicke in eine Zeit erhalten, die ich – gerade im Hinblick auf die deutsche Geschichte – als sehr wichtig empfinde. Ahamed schildert sehr eindrücklich die persönlichen Geschichten der vier einflußreichen Banker, ihr jeweiliges Bemühen um Lösungen, ihr Pokern und ihr Scheitern und die politische und historische Entwicklung.

Es war eine lange Entwicklung, die in den 30er Jahren zur Weltwirtschaftskrise führte. Nach dem Lesen des Buches habe ich das Gefühl, daß es eine tragische und langandauernde Verknüpfung von Fehlentscheidungen, Nichtwissen, Antipathien und völlig unterschützten Auswirkungen von Entscheidungen und Maßnahmen war.  Tragisch vor allem deshalb, weil alle Beteiligten sicherlich andere Ziele hatten. Irritierend war für mich allerdings, daß ich mich an vielen Stellen des Buches auch an aktuelle Situation erinnert fühlte (der Autor greift dieses Thema am Ende des Buches in einem Epilog auf).

Aus meiner Sicht ein sehr lesenswertes Buch. Unter dem Titel „Die Herren des Geldes“ gibt es übrigens auch eine deutsche Fassung des Buches.

„What do you buy the children of the Terrorist who tried to kill your wife? A Memoir“

In den letzten Wochen und Monaten hat mich das Thema „Überwachung“ sehr stark beschäftigt. Wie wichtig ist mir „Sicherheit“ (die ja immer nur „relativ“ sein kann)? Inwieweit bedeutet jeder Wunsch nach Sicherheit auch einen Verzicht auf Freiheit? Gerade die Abwägung zwischen Sicherheit und Freiheit wird immer wieder mit der Terrorismusgefahr begründet.  Aber wie groß ist diese Terrorismusgefahr? Ich bin zugegebenermaßen froh, daß ich bisher mit diesem Thema nur als Fernsehzuschauerin zu tun hatte (und hier sollte ich dann irgendwann noch etwas zur „availability cascade“ aus „Thinking, Fast and Slow“ von Daniel Kahneman schreiben). Aber wie gehen Betroffene damit um?

Gerade als ich also intensiv über das Spannungsfeld Sicherheit und Freiheit nachdachte, fiel mir das Buch von David Harris-Gershon in die Hände. David erzählt eine sehr persönliche Geschichte – nämlich die Geschichte von sich und seiner Frau Jamie. David und Jamie stammen beide aus den USA. Sie haben sich innerhalb der jüdischen Gemeinde ihres Arbeits- bzw. Studienortes kennengelernt, ineinander verliebt und geheiratet. Kurz nach der Hochzeit  entscheiden sie, gemeinsam in Israel zu studieren. Am 31.07.2002 wird Jamie bei einem Anschlag auf die Cafeteria der Universität schwer verletzt, zwei ihrer Freunde sterben. David ist zu dem Zeitpunkt in der gemeinsamen Wohnung und erfährt telefonisch, daß Jamie verletzt ist. Und mit dieser Verletzung ändert sich das Leben für beide – doch beide verarbeiten diese Zeit sehr unterschiedlich.

David Harris-Gershon schildert in seinem Buch den gemeinsamen Weg nach Israel, sein Erleben des Anschlags, Jamies Genesung (sowohl körperlich als auch psychisch), den Konflikt zwischen Israel und Palästina, seine Gedanken zu „Sicherheit“, seine eigenen Probleme mit der Situation und seinen Weg, der ihn schließlich zurück nach Israel und zu der Familie des damaligen Attentäters führt.

Ich bin froh, daß ich dieses Buch gefunden und gelesen habe. Es ist kein Buch, daß sich „einfach so“ lesen läßt. Ja, es ist spannend und es ist sehr gut geschrieben. Aber die Gedanken und Ängste gingen mir auch sehr nahe. Es ist gleichzeitig aber auch ein Buch, daß hoffen läßt, weil David im Laufe der Zeit seinen Weg findet, das Geschehene zu verarbeiten und zwar ohne Verzweifelung und ohne Rache. In diesem Sinne hoffe ich, daß das Buch von vielen Menschen gelesen wird.

„Anleitung zur Unzufriedenheit“

Ich habe lange überlegt, mit welchem Buch ich diese Rubrik beginne und nach einiger Zeit ist meine Wahl auf das Buch „Anleitung zur Unzufriedenheit“ von Barry Schwartz gefallen. Warum ausgerechnet dieses Buch? Vor allem, weil es so phantastisch zum „Glücksthema“ paßt – denn der Untertitel des Buches lautet „Warum weniger glücklicher macht“. Aber: es ist nicht so gemeint, wie es auf den ersten Blick klingen mag, denn es geht nicht um Verzicht! Vielmehr geht es um die Frage, wie wir auswählen und wie wir mit der Vielzahl der Auswahlmöglichkeiten, die uns täglich begegnen, umgehen. Es geht also  – im wahrsten Sinne des Wortes – um die Qual der Wahl. In diesem Hinblick teilt Schwartz die Menschen in zwei Gruppen – in Maximierer und in Satisficer.
Wer immer nur das Beste sucht und akzeptiert ist ein Maximierer. „Das Beste“ klingt auf den ersten Blick sehr positiv – aber bei genauer Betrachtung offenbaren sich die Nachteile: ist das Produkt, das ich gerade im Geschäft in den Händen halte, wirklich das beste Produkt oder gibt es in einem anderen Geschäft noch bessere? Habe ich wirklich alle Geschäfte abgeklappert und alle Testberichte gelesen?
Wer sich hingegen mit etwas „begnügt“, das „gut genug“ ist (ohne darüber nachzudenken, ob es noch etwas Besseres gibt), ist ein Satisficer.
Wer sich nicht sicher ist, ob sie/er eher ein Maximierer oder ein Satisficer ist, kann dies in einem von Schwartz entwickelten Fragebogen ermitteln.

Ja, und was machen wir nun mit diesem Wissen? Oft setzen wir uns selbst unter Druck, die „optimale“ Entscheidung zu treffen. Natürlich ist es in vielen Bereichen wichtig, sich zu informieren. Schwartz spricht in diesem Zusammenhang davon „wählerisch“ zu sein. Wir sollten aber auch überlegen, in welchen Bereichen „gut genug“ völlig ausreichend und in Ordnung ist. Während die Idee des „gut genug“ gedanklich an Mittelmäßigkeit erinnern kann (und vom Maximierer auch so empfunden wird), ist der Maximierer oft unzufrieden, weil es praktisch unmöglich ist, das „Beste“ zu finden. Hier ist es wichtig (und mit etwas Übung und Wissen um die Herausforderung auch grundsätzlich möglich) einen Mittelweg zu finden. Gerade das letzte Kapitel des Buches, in dem es darum geht, was wir tun können um die eigene Zufriedenheit zu finden bzw. zu steigern, fand ich in diesem Hinblick spannend!

Ein aus meiner Sicht wirklich lesenswertes Buch, das auch zur Steigerung des Glücks und der Zufriedenheit beitragen kann!