Winterzeit – Museumszeit – 04.01.2020

Heute schrieb jemand auf Twitter, daß Regenzeit für ihn Lesezeit sei. Ja. Aber auch nein. Es gibt eigentlich keine Jahreszeit oder Wetterlage, die für mich nicht Lesezeit ist. Oft ist die Frage eher, ob ich genug innere Ruhe habe, um zu lesen. Die Jahre 2017 und 2018 waren da schwierig. Was aber immer stimmt: Die Winterzeit ist für mich sehr stark eine Museumszeit. Gerade in den etwas ruhigeren Tagen nach den Feiertagen schlage ich gerne zu: letzten Samstag war ich in Herne in der Pest-Ausstellung (sehr interessant), am Donnerstag aufgrund der abendlichen Öffnungszeiten im Wuppertaler Von Der Heydt Museum in der Ausstellung zu Else Lasker Schüler und dann noch in der Ausstellung zu Oskar Schlemmer (beide auch interessant) und heute das Highlight dieses Winters – die Beethoven-Ausstellung in der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn (sehr sehenswert, dazu schreibe ich separat noch etwas!).

Was mir heute (im mittäglichen Orgelkonzert in der Bonner St. Remigius-Kirche auch auffiel – es gibt keine Menschen, die mich und das was ich mag/nicht mag wirklich kennen. Selbst Menschen, die mich „eigentlich“ seit vielen Jahren „kennen“, lagen im letzten Jahr ziemlich oft völlig daneben. Eine merkwürdige Erkenntnis.

Aber für heute soll das reichen.

Leseliste 2020

Sozusagen die Fortsetzung der Leseliste 2019…..

Bewertung
*** sehr gut
** gut
* in Ordnung
kein Stern kein Kommentar

13. Andrew Pettegree: Die Marke Luther (11.06.2020) ***
Ich weiß noch genau, wann und wo ich dieses Buch gekauft habe. Ich war im August 2018 ein paar Tage in Wittenberg. Eigentlich wäre ich gerne schon 2017 nach Wittenberg gefahren, aber andere Herausforderungen waren wichtiger und so mußte dieses Reiseziel warten. In Wittenberg habe ich einige schöne und interessante Tage verbracht – auf den Spuren von Luther, Cranach und Melanchthon. Als ich an meinem Abreisetag zum Bahnhof flanierte (er ist ein bißchen außerhalb der Innenstadt) hatte ich noch etwas Zeit und besuchte (wie fast immer an Bahnhöfen) die kleine Bahnhofsbuchhandlung. Dort sah ich durch Zufall dieses Buch, dessen Titel mich sehr interessierte. Wie immer kam ich dann erst einmal nicht zum Lesen, aber dieses Jahr habe ich mir die Zeit genommen.
Das Buch ist sehr spannend. Es verbindet die Geschichte von Luther mit der Geschichte des Buchdrucks und dem Beginn des Medienzeitalters. Ich wußte zum Beispiel nicht, daß es damals in universitären Kreisen üblich war, seine Schriften/Thesen an die Universitätstür zu schlagen – sozusagen als öffentliches Brett. Der Anschlag der 95 Thesen ist daher erst einmal eine universitäre Einladung zur Diskussion. Was ich auch nicht wußte: in welchem Ausmaß Gelehrte damals aufeinander in Schriften (und teilweise auch Schmähschriften) reagierten. Es ist sozusagen eine gedruckte Vorwegnahme der Blogkultur – mitsamt den entsprechenden Empörungswellen. Sehr spannend auch, wie Luther und Cranach sowohl die Gestaltung der jeweiligen Schriften prägten als auch Drucker nach Wittenberg zogen. Unabhängig von der Frage, ob man Luther als Persönlichkeit „mag“, fand ich das Buch daher mit seinem tiefen Einblick in die Mediengeschichte sehr spannend und lehrreich. Ein guter Kauf!!

12. Ulrich Schnabel: Was kostet ein Lächeln? (Ende Mai 2020) ***
Dieses Buch stand schon ziemlich lange im Regal und wartete geduldig darauf gelesen zu werden. Ein Zufallsgriff irgendwann im Mai – es paßte viel besser zu dieser merkwürdigen Zeit, als ich dachte. Denn schon im ersten Teil ging es um „Zusammenbruch und Heilung“ und dann um emotionale Ansteckung und kollektives Erleben. Etwas über Ansteckung während der Pandemie? Ja. Gerade dann. Denn manche Äußerungen/Ängste griffen teilweise doch sehr um sich und es war gut, sich gerade dann mit dem Thema der emotionalen Ansteckung aber auch der emotionalen Überforderung (zum Beispiel durch zuviele – schlechte – Nachrichten) zu beschäftigen. Wie geht man also mit Unsicherheit oder Angst um? Was ist Glück? Und wie geht man mit hoffnungslosen Situationen um? Was, wenn man in schwierigen Situationen allein ist? Welche Auswirkungen hat Einsamkeit (mein Thema!!)?
Es war ein spannendes Buch – auch wenn es mir (mal wieder) sehr deutlich gemacht hat, daß es viele Gefühlsbereiche gibt, die ich in meinem Leben nicht erlebt habe und auch nicht erleben werde. Es fällt mir oft schwer, Kapitel über Zuwendung, Freundschaft und Liebe zu lesen – theoretisches Wissen, das für mich keinen Praxisbezug hat. Trotzdem habe ich das Buch gerne gelesen.

11. Ian McEwan: The Cockroach (05.05.2020) ***
Ein geniales Buch. An einem Abend im Januar wollte ich eigentlich in Düsseldorf ins Theater. Aus technischen Gründen fiel die Vorstellung aus, die angebotene Alternative sprach mich in dem Moment nicht an und so landete ich – wenig überraschend – um die Ecke in einer Buchhandlung. Von allen Seiten schaute mich dort die deutsche Übersetzung von Ian McEwans Buch an. Ich war etwas verwirrt und suchte erst einmal nach der englischsprachigen Version ….. (das einzige Buch, das ich an diesem Abend gekauft habe!). Eine Kakerlake schleppt sich über Londons gefährliche Straßen und landet geradewegs in Downing Street Nr. 10. Dort schläft sie ein und wacht am nächsten Morgen nicht mehr als Kakerlake auf, sondern als Mensch, genauer gesagt als der Regierungschef Jim Sams (nette Anspielungen auf ein anderes Werk der Weltliteratur, oder?). Jim Sams leitet nun die Regierung und erkennt an seinem Kabinettstisch, daß er nicht das einzige Insekt am Tisch ist. Gemeinsam ändern sie die britische Politik, um am Ende als Kakerlaken wieder in den Straßen Londons zu verschwinden. Eine witzige bitterböse Persiflage englischer Politik und Politiker (mit „netten“ Anspielungen auf Europa und auch über den Teich…). Ein geniales Buch!

10. Tom Hillenbrand: Der Kaffeedieb (03.05.2020) ***
Das Buch stand schon länger in meinem Regal. Ich hatte es schon 2018 auf einem Tagesausflug nach Frankfurt dabei. Ich habe im Biergarten angefangen zu lesen und irgendwie kam dann soviel dazwischen, daß das Buch ungelesen im Regal landete. Als ich vor ein paar Tagen nach einer Leseanregung suchend vor meinem Regal stand war endlich der richtige Zeitpunkt gekommen – ich habe es in wenigen Tagen ausgelesen. Es ist ein spannendes Buch – für mich eine Art Mischung aus historischem Roman und Krimi. Es ist eine Reise durch die Welt des 17. Jahrhunderts, durch die Kaffee- und Gelehrtenstuben, die politischen und wirtschaftlichen Ränkespiele und durch die damalige Welt des Reisens. Und das alles, um „ein paar“ Kaffeepflanzen aus Arabien zu holen (genauer gesagt zu stehlen). Ein schönes und spannendes Buch, das ich gerne gelesen habe!

9. Laura Spinney: 1918 – Die Welt im Fieber (20.04.2020) ***
Ich weiß gar nicht, wann ich dieses Buch gekauft habe. Es stand (wie so viele andere auch) schon länger in meinem Regal. Ich hatte es gedanklich nicht einmal mehr mit dem Thema „Pandemie“ oder „spanische Grippe“ in Verbindung gebracht, als ich es aus dem Regal zog. Völliger Zufall also, daß ich mitten in der Corona-Pandemie anfing dieses Buch über die spanische Grippe zu lesen. Wohlgemerkt ein guter Zufall. Ich fand es hilfreich, mich mit der Geschichte der spanischen Grippe zu beschäftigen. Vieles, was wir in den letzten Wochen diskutiert haben, war auch damals Thema.

8. Frank Wedekind: Lulu (10.03.2020) **
Wedekinds Lulu war noch „Theaterlektüre“ – ich wollte mir Lulu anschauen und wollte (wie meist) das Stück vorher lesen. Ohne den Anreiz die Aufführung zu besuchen, hätte ich dieses Stück vermutlich nicht gelesen. Das Stück ist nicht schlecht, aber es hat mich auch nicht begeistert. Gerade deswegen wäre es spannend (gewesen), es auf einer Bühnen zu erleben. Mal sehen, ob das irgendwann noch klappt…..

7. Francois Garde: L’Effroi (08.02.2020) ***
Ein berühmter französischer Dirigent soll (irgendwann in diesem Jahrtausend) die Oper „Cosi fan tutte“ dirigieren. Das Orchester sitzt bereits im Orchestergraben, der Dirigent kommt, dreht sich zum Publikum, zeigt den Hitlergruß und sagt „Heil Hitler“. Ein Musiker, Sebastien Armant, fühlt ein großes Entsetzen – er kann so nicht einfach die Oper spielen. Er steht auf und dreht sich mit dem Rücken zum Dirigenten. Eigentlich würde er gerne gehen, aber er kommt nicht durch das Orchester durch. Seine spontane Geste der Ablehnung verändert alles – den Abend und sein Leben. Er wird zu einer Medienpersönlichkeit – mit allen positiven und negativen Folgen.
Ich fand das Buch sehr gut. Irritierenderweise las ich es, als „Erfurt“ passierte – auch ein Moment wo ein spontanes „Nein“ einen großen Unterschied gemacht hätte…….

6. Paul Assouline: Le Portrait (01.02.2020) **
Beim „Aufräumen“ meines Bücherregals habe ich die französischsprachigen Bücher mal wieder „umgeräumt“ und dabei fiel mir das Buch von Pierre Assouline in die Hände. Ein sehr spannendes Thema. Betty Baronin Rothschild stirbt und ab diesem Moment lebt sie in dem Gemälde weiter, das Ingres von ihr gemalt hat. Dieses Weiterleben ist nicht bloß symbolisch. Sie lebt im Gemälde und aus der Perspektive des Gemäldes erlebt sie, wie um sie getrauert wird, wer sich in dem Raum trifft, worüber gesprochen wird und sie wandert (mit den jeweiligen Besitzern des Gemäldes) durch die Zeiten. Den Ansatz fand ich sehr spannend, manche Episoden waren mir aber – mangels Kenntnis der französischen Berühmtheiten der jeweiligen Zeit – zu lang, trotzdem fand ich das Buch und eben diese besondere Perspektive sehr gut.

5. Paul Guimard: L’ironie du sort (22.01.2020) ***
Es war ein zufälliger Griff ins (neu aufgeräumte) Bücherregal, das mir dieses Buch „lieferte“ und bei dem Titel (Ironie des Schicksals) konnte ich nicht nein sagen. Guimard erzählt die Geschichte von Antoine, der 1943 in Nantes in einer Septembernacht einen deutschen Offizier umbringen soll. Was, wenn er erfolgreich ist? Was, wenn nicht? Wie entwickelt sich die Geschichte, wie entwickelt sich sein Leben (oder sein Sterben) und was ist mit den Menschen in seinem Umfeld? Wie wird deren Leben verlaufen? Es ist dieser eine Moment in dieser Septembernacht, dieses „ja“ oder „nein“, das zu völlig unterschiedlichen Lebensverläufen bei ganz vielen Menschen führen wird. Guimard erzählt diese unterschiedlichen Alternativen, jede für sich genommenen ein vollständiger und möglicher Ablauf. Ein faszinierender Gedanke und ein ebenso faszinierendes Buch!

4. Olivier Guez: La Disparition de Josef Mengele (15.01.2020) ***
Guez hat die Lebensgeschichte von Mengele nach 1945 anhand der vorhandenen Informationen in einem Roman verpackt, der die Flucht nach Südamerika, die einzelnen Lebensstationen, die Kontakte zu anderen SS-Größen (Eichmann zum Beispiel) aber auch die Unterstützung durch die Familie in Deutschland sehr anschaulich darstellt. Der Roman basiert auf einer umfassenden Recherche, der Autor nutzt aber bewußt die Form des Romans, um das, was er nicht wissen kann, auch nachvollziehbar und erzählbar zu machen. Ich fand das Buch sehr spannend und sehr informativ, gerade weil es nicht „anklagt“, sondern „nur“ erzählt. Gleichzeitig war es für mich eine gute Art, mich mit den Versäumnissen dieser Zeit (und deren Auswirkungen auf die heutige Zeit) gedanklich zu beschäftigen.

3. Benedict Wells: Vom Ende der Einsamkeit (10.01.2020) ***
Dieses Buch hat mir sehr gut gefallen, auch weil es auf sehr einfühlsame Weise Geschichten zu den Themen erzählt, die auch meine Themen sind – den Umgang mit Tod, Verlust und Einsamkeit. Es ist eine völlig andere Geschichte als meine, aber ich fühlte mich dem Ich-Erzähler sehr verbunden, an einer Stelle (wo es um den Umgang mit einer Krebserkrankung geht) hatte ich sogar Tränen in den Augen (ja, das ist der Teil der tatsächlich etwas mit meinen Erfahrungen zu tun hat). Und die Frage, was an einem selbst wirklich „unveränderlich“ ist, was nicht „kaputtgehen darf“, finde ich sehr spannend. Für mich eine sehr lohnende Lektüre!

2. Gladys Mitchell: Death comes at Christmas (05.01.2020)
Eigentlich mag ich Krimis, aber dieses Buch habe ich nur zu Ende gelesen, weil ich immer gehofft habe, daß es irgendwann besser wird. Mrs Bradley, die „ermittelnde“ Hauptperson des Buches war mir von Anfang an nicht sympathisch – vielleicht auch deswegen, weil sie in diesem Buch wirklich jede andere Person mit „child“ anspricht….. Für mich paßte es jedenfalls nicht.

1. Robert Menasse: Die Vertreibung aus der Hölle (01.01.2020) ***
Gefühlt hatte ich dieses Buch schon seit ewigen Zeiten irgendwo im Regal stehen. Ich habe es irgendwann angefangen, ein kleiner Verlagsprospekt diente als Lesezeichen, weit war ich nicht gekommen, aber irgendwann habe ich das Buch nur noch beim Aufräumen in der Hand gehabt – so auch kurz vor Weihnachten beim Versuch des großen Aufräumens….. Und diesmal packte mich das Buch. Die Mischung aus zwei ineinander verzahnten Geschichten – der von Viktor Abravanel im „heutigen“ Wien und der von Manoel Soeira im Portugal von Anfang des 17.Jahrhunderts ist gleichzeitig faszinierend und beklemmend. Es geht um die Frage, ob beziehungsweise wann man dazugehört (ein Thema, das ich persönlich sehr wichtig finde), was man verschweigt und warum und wie eine Gesellschaft mit diesen Dingen umgeht – dargestellt am Schicksal der Marranen (iberischen Juden, die unter Zwang zum Christentum „bekehrt“ wurden) und jüdischen Menschen im Wien der Nachkriegszeit. Es war ein Buch, das mir sehr eindrücklich die Geschichten von Flucht, Unterdrückung und erzwungener Lüge nahegebracht hat. Gerade für die Feiertage war das eine sehr gute Lektüre.

Neujahr – 01.01.2020

Wann beginnt eigentlich Neujahr? Um Mitternacht oder erst nach dem Ausschlafen, am Morgen oder Vormittag? Neujahr ist – zusammen mit Weihnachten und Silvester – eine Zeit, die für mich mit vielen Erinnerungen und „Ritualen“ verbunden ist.
Es fängt mit der Vorbereitung des traditionellen Neujahrsessens an – Galouschchen (mit Rinderhack und Reis gefüllte Kohlrouladen, die in Sauerkraut gegart werden). Wie all die Jahrzehnte seit meiner Kindheit habe ich dieses Essen gestern vorbereitet und heute gegessen. Es dauert ein bißchen, das vorzubereiten – aber es gehört für mich dazu wie das Glas Sekt um Mitternacht und das Anschauen des Feuerwerks (ja, ich mag das immer noch gerne!).
Gestern Abend blühten sogar die ersten Blüten an meinen Barbarazweigen (auch eine Tradition, die ich aber nicht jedes Jahr einhalte).
Aber inmitten der Traditionen ist natürlich auch Raum für Neues – heute für den Besuch eines Neujahrskonzertes in Düsseldorf-Urdenbach. Nach einem wunderbar sonnigen Spaziergang durch den Schloßpark Benrath kam ich in Urdenbach raus und war erstaunt, in Düsseldorf Fachwerkhäuser zu sehen – sogar ein Gerichtsgebäude (Fachwerk und sehr sehenswert) aus dem 16.Jahrhundert.
Ein bißchen versteckt ist dort eine Kirche mit einer wunderschön aussehenden Kirchenorgel, der Ort des Neujahrskonzertes. Mit Purcell, Händel, Rinck und Schumann wurde das neue Jahr musikalisch begrüßt. Ein guter Ort für Orgelkonzerte!
Und auf dem Rückweg habe ich sogar noch „Die Vertreibung aus der Hölle“ von Robert Menasse zuende gelesen, der erste – sehr lesenswerte – Eintrag für die Leseliste 2020!

Was ich Euch für 2020 wünsche….

Es ist die Zeit der guten Wünsche und ich möchte aufschreiben, was ich Euch für 2020 wünsche!

Ich wünsche Euch ein sorgenfreies Jahr.
Ich wünsche Euch Gesundheit (und wo das nicht möglich ist, die bestmögliche Betreuung, wenn möglich Genesung und hohe Lebensqualität).
Ich wünsche Euch, daß Ihr die Nähe von Menschen ohne Verletzungen erleben könnt.
Ich wünsche Euch, daß es Menschen gibt, denen Ihr wichtig seid und die Euch auch wichtig sind.
Ich wünsche Euch, daß es Menschen gibt, mit denen Ihr schweigen aber auch sprechen könnt.
Ich wünsche Euch, daß Menschen Euch zuhören und daß Ihr Menschen zuhört.
Ich wünsche Euch, daß Ihr schöne, fröhliche und angstfreie Begnungen mit Menschen erlebt.
Ich wünsche Euch, daß Ihr Euch irgendwo zugehörig fühlen könnt.
Ich wünsche Euch, daß Ihr gute Ideen habt und sich daraus schöne und spannende Projekte und Entwicklungen ergeben.
Ich wünsche Euch, daß Ihr schöne Momente – egal welcher Art – erleben und genießen könnt.
Ich wünsche Euch, daß Ihr am Ende des Jahres gerne und mit einem Lächeln an das Jahr 2020 zurückdenkt.
Ich wünsche Euch schöne Erinnerungen.

Alles Gute für 2020!

2019 – ein Rückblick

Das Jahr 2019 ist fast vorbei. Nur noch ein Tag und ein paar Stunden, dann liegt ein Jahr hinter mir, auf das ich mich eigentlich gefreut hatte und das nach 2017 und 2018 anders verlief, als ich es damals gedacht hatte (damals konnte ich noch „gehofft“ sagen). Die kurze Zusammenfassung meines persönliches Jahres (es geht mir nur um die private Ebene): kaum Menschen, viel Kultur.

Es gab in jedem Monat ein paar „Highlights“ und die möchte ich kurz zusammenfassen.

Januar 2019
Der Höhepunkt des Monats Januar war mein Besuch der Museumsnacht in Basel und auch die Lesezeit auf der Zugfahrt nach und von Basel. Basel selbst hat mir als Stadt gut gefallen, ich habe schöne alte Ecken entdeckt und während der Museumsnacht spannende Dinge erlebt und gehört. Besonders im Münster habe ich viel Zeit verbracht – ein Ort, der mich sehr angesprochen hat.
Auf der Rückfahrt von Basel habe ich – endlich – das Buch von Arnold Retzer gelesen – Miese Stimmung – Eine Streitschrift gegen positives Denken. Es war eine gute Zuglektüre und ein guter Zeitpunkt für diese Lektüre. Mir ist damals klar geworden, daß „Hoffnungslosigkeit“ durchaus sinnvoll sein kann, nämlich da, wo Hoffnung (zum Beispiel die Hoffnung auf menschliche Nähe und auf Beziehungen zu Menschen) einfach Selbstbetrug wäre. Das Lesen hat mir erlaubt, mich von dem Gedanken „Du mußt es nur immer wieder probieren, dann wird es irgendwann gut“ zu entfernen und Treffen/Verabredungen mit Menschen einfach abzulehnen. Das hat es mir letzten Endes auch leichter gemacht, die kleinen Verletzungen und Ablehnungen des Jahres 2019 besser zu überstehen.

Februar 2019
Ich könnte einfach „Düsseldorf“ schreiben. Ich habe im Februar und auch im März unwahrscheinlich viel Zeit in Düsseldorf im Theater verbracht, viele wunderbare Aufführungen gesehen und auch viel gelesen, um auf diese Aufführungen vorbereitet zu sein. Es war wunderbar, daß es so viele unterschiedliche und interessante Aufführungen gab – ich habe das sehr genossen!

März 2019
Von Düsseldorf nach Essen ….. In einem Pausengespräch im Central in Düsseldorf hörte ich zufällig jemanden über „Biographie. Ein Spiel“ von Max Frisch sprechen und wie der Zufall es wollte, wurde dieses Stück im März in Essen gespielt. Ein spannender Text und eine sehr gelungene Aufführung. Die Frage, ob beziehungsweise was ich in meinem Leben ändern würde, ist schon sehr spannend. Vielleicht würde ich mich einfach eher von den Menschen zurückziehen, um weniger Verletzungen und Ablehnungen zu erleiden…….

April 2019
Der April brachte einen schönen Jahrestag (Erinnerung an meine Mutter), viele schöne Spaziergänge und Wanderungen und einen Kurzurlaub mit viel Bewegung an der Ostsee/in Lübeck mit Ausflug nach Hamburg (wo ich sowohl die Alster umrundete als auch das Theater besuchte). Es waren nur wenige Tage, aber sie haben meiner Seele gut getan – auch weil es an diese Orte viele schöne Erinnerungen an die Zeit mit meiner Mutter gibt.

Mai 2019
Das bewegendste Erlebnis hatte ich direkt am 1. Mai – ich folgte einem Pilgerrundweg in Lübeck, bei dem ich auch „Sorgensteine“ sammeln und ins Wasser werfen „durfte“. Es war eine merkwürdige Erfahrung.
Heiterer waren dann die Museumsnächte in Frankfurt, Hamburg und Bremen – jede anders, aber immer mit schönen Konzerten und Ausstellungen.

Juni 2019
Das Stichwort des Monats Juni war „Shakespeare“ – in Neuss und in Berlin. Das Wetter war sommerlich warm, sonnig und trocken und so konnte ich in Berlin (während ich wegen einer Konferenz dort war) zwei Open-Air-Aufführungen erleben. Die Aufführung von „Romeo und Julia“ in Berlin-Charlottenburg hat mich sehr begeistert. Und in Neuss habe ich natürlich auch einige Vorstellungen gesehen …..
Es war gleichzeitig auch der Zeitpunkt eines traurigen Jahrestages und mir ist in den Tagen rund um diesen „Jahrestag“ sehr bewußt geworden, daß Twitter für mich persönlich nicht paßt.

Juli 2019
In meiner Erinnerung vermischen sich im Juli die Blaubeeren mit den Sommerkonzerten in der Neanderkirche in Düsseldorf. Beides wunderbar, beides genußvoll und ja, ein paar Sternschnuppen gab es auch (wobei ich mir nichts gewünscht habe).

August 2019
Ich war etwas traurig, daß es dieses Jahr keine Feigenernte gab – aber nach der Rekordernte 2018 war das nicht so schlimm (ein paar reife Feigen konnte ich immerhin im Oktober ernten – ungewöhnlich spät). Ansonsten war es ein schwieriger Monat, ohne daß es konkret irgendwelche negativen Ereignisse gab.

September 2019
Aus beruflichen Gründen (Konferenzbesuch) war ich ein paar Tage in Bremen. Durch Zufall entdeckte ich das Konzert der Hamburger Ratsmusik in Verbindung mit einer Zweig-Lesung (Magellan) im Bremer Übersee-Museum. Eine wunderbare Veranstaltung mit schöner Musik und einem sehr inspirierenden Text von Stefan Zweig. Am Samstag konnte ich mir dann noch einen wunderbaren Nachmittagsspaziergang durch den Bremer Bürgerpark gönnen. Es war so wunderbar warm und sonnig, daß ich zwischendurch auf einer Caféterrasse ein Stück Torte genießen konnte. Eine schöne Erinnerung an Bremen und ein sehr positiver Aspekt in einem ansonsten schwierigen Monat.

Oktober 2019
Im Oktober hatten sich manche Wogen geglättet, es war auch beruflich eine gewisse „Ruhe“ eingekehrt. So konnte ich mir den Besuch des 24h-Stunden-Theaters in Berlin gönnen (danke für den Hinweis an @finenschnabel). Freitagabend, Samstagmorgen und Samstagabend war ich also damit beschäftigt, das „Live-Entstehen“ eines nur einmal gespielten Theaterstücks zu verfolgen. Am Samstag tagsüber habe ich die Ausstellung in der ehemaligen Stasi-Zentrale besucht. Es war ein kalter (aber sonniger) Tag und ich habe mir sehr viel Zeit für die Dauerausstellung im Hof genommen. Es war gut verbrachte Zeit und ich habe sehr viel über die Zeit bis November 1989 gelernt, was ich vorher nicht wußte. Gleichzeitig fand ich es erschreckend, wieviel ich von dieser Zeit nicht wußte (obwohl ich durchaus regelmäßig Zeitungen gelesen und Nachrichten geschaut habe). Am Sonntagvormittag bin ich dann – passend zum Samstagsthema – den Mauerweg entlang gelaufen. Was nicht geplant war – daß ich dabei unzählige Friedhöfe und sogar das Grab von Fontane entdeckte (und mich einem Gespräch mit einem alten Deutschlehrer zum Thema Fontane stellen mußte).
Sehr schön waren auch der geschenkte Besuch in der Theaterkantine sowie die Theatervorstellung „Die Pest“ in Moers (wo das Publikum etwas „unfreiwillig“ mitspielen mußte).

November 2019
Beruflich ein sehr voller und fordernder Monat, gleichzeitig der Monat in dem ich versucht habe, Haus und Garten für den Winter und die Weihnachtsfeiertage vorzubereiten. Es war viel Arbeit und ich bin wenig zum Lesen gekommen. Etwas Theater ging natürlich trotzdem. Enttäuscht hat mich die Lesung mit Narvid Kermani in Düsseldorf – nicht wegen der Texte, sondern weil er sich darüber beklagte, daß Menschen Social Media ohne Angabe ihres echten Namens nutzen. Schön war dann die Ballettaufführung „Dornröschen“ in Essen und besonders Spaß hat es mir gemacht, die Adventskarten zu schreiben und zu verschicken (auch wenn ich bei einigen nicht weiß, ob sie überhaupt angekommen sind). Ich mag solche Überraschungen!
Der November war gleichzeitig der Zeitpunkt, in dem ich mich sehr stark von Twitter zurückgezogen habe. Ich habe zwar noch über eine Konferenz und ein Social-Media-Treffen (Humboldt-Ausstellung im Deutschen Historischen Museum in Berlin) getwittert, aber nichts Persönliches mehr berichtet. Es paßt letztlich zu meiner Einschätzung vom Juni. Ich fühle mich nicht zugehörig und es ist irgendwie auch nicht wichtig, etwas aus meinem Leben zu erzählen. Genausogut könnte ich im Bus laute Selbstgespräche führen (was ich bisher jedenfalls nicht getan habe). Ich werde den Account nicht löschen, aber ich nutze ihn derzeit nicht wirklich (außer für fachliche Themen).

Dezember 2019
Viel Musik, viel Genuß (auch kulinarischer Art), viel Ruhe über die Feiertage und viel Zeit zum Lesen. Der Dezember war bis zum 20. Dezember „gut gefüllt“, danach kam dann der Genußteil mit einem schwungvollen und fröhlichen Weihnachtsoratorium in Essen-Werden, Hänsel und Gretel und Nußknacker im Aalto-Theater in Essen. Es fällt mir immer noch schwer, manche Weihnachtslieder mitzusingen – die Erinnerung an meine Mutter ist manchmal zu präsent – aber es war schön, daß ich Heiligabend im Weihnachtsgottesdienst war (in meiner Konfirmationskirche) und ein paar Tage zuvor beim offenen Singen in der Neanderkirche in Düsseldorf. Weihnachten war und ist für mich ein Fest der schönen Erinnerungen und der vielen Genüsse – genau das konnte ich dieses Jahr erleben.

Und morgen? Einkaufen, kochen, ein entspannendes Bad und dann lesen, essen und Musik genießen!

Fröhliche Weihnachten!

Viele Jahre lang habe ich am 23. Dezember den vorletzten Blogbeitrag für meinen persönlichen Adventskalender geschrieben. Dieses Jahr nicht und daher nutze ich diesen Tag nun für einen kurzen Blogbeitrag, um Euch fröhliche Weihnachten zu wünschen.

Schon wieder ist ein Jahr vergangen und Weihnachten steht vor der Tür – eine fröhliche und besinnliche Zeit, die für mich mit vielen schönen Erinnerungen verbunden ist. Vor allem mit vielen Liedern und Rezepten. Kennt Ihr das Lied Fröhliche Weihnachten überall? Das hatte ich heute beim Einkaufen im Kopf – meine Mutter hat es oft gesungen.

Was ich fast jedes Jahr an Weihnachten mache – die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens (A Christmas Carol) lesen (manchmal auch als „Weihnachtslied“ bezeichnet). Ich liebe diese Geschichte und könnte den Anfang sogar mitsprechen ….. Als ich gestern Nachmittag unterwegs war habe ich mich gefragt, was mir die drei Geister wohl zeigen würden, falls sie mich besuchen würden. Eine spannende Frage!

Der Geist der vergangenen Weihnachten würde mich in viele Jahre kleiner aber schöner Weihnachtsfeste zurückbegleiten. Mit meiner immer ein bißchen schief aber laut und gerne singenden Mutter, die schon Wochen vorher Plätzchen und Stollen gebacken hat und viel Zeit in die liebevolle Vorbereitung gesteckt hat. Für das Jahr 2017 würde er mich am Nachmittag des 24. Dezembers in die Dechenhöhle begleiten und mir die ansonsten lesend und viel klassische Musik hörend allein verbrachten Feiertage zeigen.

Der Geist der diesjährigen Weihnachten würde ein paar schöne Konzerte finden – das schwungvolle und fröhliche offene Singen in der Neanderkirche in Düsseldorf (wo mir bei manchen Liedern in Erinnerung an meine Mutter dann doch die Tränen kamen), das ebenso schwungvoll und fröhlich aufgeführte Weihnachtsoratorium in Essen-Werden – wo ich bei dem Spaziergang vor dem Konzert noch an „Markt und Straßen stehn verlassen, still erleuchtet jedes Haus, alles sieht so festlich aus“ dachte, und dann noch an die kommenden Aufführungen von Hänsel und Gretel und Der Nußknacker. Es wird – wie schon die letzten beiden Jahre – ein fröhliches aber ruhiges Fest, das ich ganz allein begehen werde – mit vielen schönen Büchern, viel klassischer Musik und gutem Essen!

Was könnte der Geist der zukünftigen Weihnachten zeigen? Hoffentlich nichts, für das ich mich irgendwie schämen müßte. Aber wohl auch nichts, was irgendwie mit Menschen oder Geselligkeit zu tun hat. Weihnachten ist für mich vor allem ein Fest der fröhlichen Erinnerungen – Gegenwart kann durch fröhliche Erinnerungen fröhlich sein.

Ich wünsche Euch, daß Ihr einen Moment innehalten und überlegen könnt, was die Geister der vergangenen, der gegenwärtigen und der zukünftigen Weihnachten Euch erzählen würden. Vor allem aber wünsche ich Euch ein friedliches und fröhliches Weihnachtsfest!

Die dreizehnte Fee

Ihr kennt sie alle, die dreizehnte Fee. Sie ist die Fee (manchmal auch als „weise Frau“ bezeichnet), die im Märchen „Dornröschen“ nicht eingeladen wird. Ungeladen erscheint sie trotzdem zur Feier und spricht einen Fluch aus, der nur durch eine andere Fee abgemildert werden kann.

Ich habe nie verstanden, daß gerade „Dornröschen“ relativ häufig in der Advents- und Weihnachtszeit im Fernsehen gezeigt wird. Ja, es ist ein Märchen. Aber was bitte ist daran weihnachtlich, daß jemand – der noch nie etwas Böses getan hat – nicht eingeladen wird? Das jemand bewußt ausgeschlossen wird?

Warum mir das wichtig ist? Ich teile das Schicksal der „dreizehnten Fee“. Nein, ich bin noch nie irgendwo uneingeladen erschienen und ich habe auch noch nie irgendeinem Menschen etwas Böses gewünscht. Im Gegenteil. Aber ich bin die, die – von meinen Eltern abgesehen – nie jemand im Leben haben wollte, die fast nie eingeladen wurde, die nie bei Verabredungen unbedingt dabei sein sollte. Ich war den Menschen nie wichtig, es fiel nicht einmal auf, daß man vergessen hatte, mich zu informieren oder einzuladen (insoweit paßt auch Charles Perraults Fee in „Die schlafende Schöne im Wald“ – ein französischer Vorläufer von Dornröschen). Wenn ich mal dabei war, dann habe ich nicht gestört, aber es war (wenn es nicht um berufliche Dinge ging) nie wichtig, daß ich dabei war.
Wenn ich doch mal eingeladen wurde, dann enthielten die Einladungen oft Sätze wie „es hat jemand abgesagt, möchtest Du kommen?“ oder „ich feiere dieses Mal größer, möchtest Du kommen?“. Es macht sehr traurig, solche Sätze zu lesen – manchmal oft trauriger als gar nicht erst angesprochen oder eingeladen zu werden. Auch bei Verabredungsversuchen war es meistens nicht besser. „Sag Bescheid, wenn Du mal wieder in X bist….“ war fast immer nur eine Floskel. Solche Nachrichten wurden entweder gar nicht beantwortet oder der „Zusage“ folgte fast immer (manchmal schon am Tag nach der Zusage) eine Absage. Auch „sag mal wann Du Zeit hast“ lief ähnlich. Ich nannte „Termine“, die genannten Termine verstrichen kommentarlos und irgendwann kam dann die Bitte um neue Termine. Ähm ja, also nein.
Besonders schlimm wurde es meistens, wenn Menschen betonten, wie sehr sie mich mögen oder wie interessant sie mich finden. Das war sozusagen der große Anlauf, damit die Verletzung „nein, Dich möchte ich nicht in meinem Leben haben“ so richtig saß. Es führte dazu, daß ich Menschen nicht mehr glauben kann, die mich angeblich „mögen“ oder „interessant finden“.
Ich könnte noch viel erzählen, aber das Wesentliche ist, daß ich für die Menschen, die ich gemocht habe, einfach nicht in ihr Leben gehört habe.

Die dreizehnte Fee hat sich entschieden zu handeln – böse zu handeln. Das war und wäre nie meine Entscheidung. Meine Entscheidung war lange, es immer wieder zu versuchen. Schließlich hat ja jeder Mensch eine Chance verdient und vielleicht irgendwann ….. Aber es wurde nie anders, nie besser. Im Gegenteil. Seit Anfang 2018 ist es so viel schlimmer geworden, daß ich es einfach nicht mehr versuchen kann. Jeder einzelne Versuch war so sinnlos wie Don Quixotes Kampf gegen die Windmühlenflügel (ich mag die Geschichten mit Don Quixote sehr – aber es ist schöner sie zu lesen als sie – im übertragenen Sinne – selbst zu erleben).

Der Pipapoet hat gestern einen sehr schönen Tweet geschrieben: „Eigentlich wünschen wir uns doch alle, von denen, die wir mögen, genauso gemocht zu werden.“
Ja, genau das hätte ich mir gewünscht – aber es sollte halt nie sein. Mittlerweile haben die Verletzungen und Ablehnungen so viele Wunden hinterlassen, daß ich diesen Wunsch nicht mehr habe. Meine Entscheidung ist Rückzug – das beinhaltet auch den fast vollständigen Verzicht auf Treffen/Verabredungen mit Menschen und auf Einladungen. Durch diesen Rückzug habe ich mein Gleichgewicht wiedergewonnen. Keine Begegnungen mit Menschen heißt halt auch keine weiteren Abweisungen und Verletzungen. Ich kann zu den Menschen, die mir flüchtig begegnen, freundlich sein. Ich kann mit ihnen scherzen und lachen, sie trösten und ihnen zuhören. Aber ich kann nicht mehr darüber nachdenken, ob sie einen Platz in meinem Leben haben könnten, denn das wäre nie „gegenseitig“. Denn für die Menschen bin ich die dreizehnte Fee!

Übrigens: weiß jemand, was im Märchen aus der dreizehnten Fee geworden ist?

Persönliche Rituale …..

Bald sind es zwei Jahre – zwei Jahre, daß ich meine Mutter ins Hospiz begleitet und sie sich von mir verabschiedet hat. Sie wollte nicht, daß ich weine und sie wollte auch nicht, daß ich sie auf dem Friedhof „suche“ oder besuche. So habe ich mein eigenes Ritual entwickelt – immer am 1. Dezember unternehme ich etwas besonders Schönes – einen Ausflug, eine Reise, etwas das ich gerne auch mir ihr zusammen unternommen hätte. Letztes Jahr bin ich bewußt in dieser Woche weggefahren. Ich war in Österreich und habe Wien, Salzburg und Innsbruck besucht. Genau vor einem Jahr stand ich schluchzend in der „Stille-Nacht-Ausstellung“ in Salzburg – meine Mutter hat Weihnachtslieder geliebt und „Stille Nacht“ und „O du fröhliche“ waren ihre Lieblingslieder. Als ich gerade darüber nachgedacht habe ist mir aufgefallen, daß ich – im Gegensatz zu den meisten Menschen – nicht die „schönen“ Dinge feiere, sondern die Abschiede und die Erinnerungen. Meine persönlichen Rituale haben sich verändert. Interessanterweise ist für mich dieser 1. Dezember wichtiger als der eigentliche Todestag (der 5. Dezember) oder der Beerdigungstag (der 13. Dezember). Es war dieser bewußte und auch sehr schöne persönliche Abschied, der mich dazu veranlaßt, etwas Schönes zu unternehmen und mich ganz bewußt zu erinnern.

Früher waren der 4. und der 6. Dezember wichtig – der Barbaratag und der Nikolaustag. Ich weiß noch nicht, ob ich dieses Jahr Kirschzweige besorgen werde – aber selbst wenn, es wird eine Geste ohne Bedeutung sein, rein zum Ausschmücken der Räume. Der 6. Dezember ist bedeutungslos geworden – da, wo es keine Menschen im Leben gibt, da gibt es auch niemanden, den man überraschen könnte (ich habe das früher immer sehr gerne gemacht). Lediglich mit Adventspost kann ich den einen oder anderen Menschen überraschen (wobei ich dieses Jahr ein bißchen spät dran bin).

Ein paar Jahre lang habe ich auch jedes Jahr hier im Blog einen kleinen „Adventskalender“ geführt – täglich einen Beitrag zu einem Oberthema. Es war aber mehr eine – mit viel Arbeit verbundene – persönliche Herausforderung als ein (positives) Ritual, daher verzichte ich in diesem Jahr auf eine neue Runde.

Die Weihnachtstage (die ich selbstverständlich allein verbringe) sind für mich eine Zeit der schönen Erinnerungen – mit viel Zeit für klassische Musik, schöne Bücher und gutes Essen. Ähnlich ist es mit dem Jahreswechsel und mit den Osterfeiertagen – auch das eine Zeit für mich alleine mit klassischer Musik, Büchern und gutem Essen.

Am 9. April feiere ich den Geburtstag meiner Mutter – das ist für mich ein Ausflugstag. 2018 bin ich an der Ruhr gewandert, 2019 bin ich von Düsseldorf nach Kaiserswerth gelaufen – etwas Ähnliches hätte ich auch mit meiner Mutter unternommen. Natürlich mit Einkehr in einem schönen Restaurant und Café.

Neu aufnehmen in die Liste dieser Tage werde ich den 23.06. Es ist der Tag an dem ich 2018 erfahren mußte, daß ich nie eine Liebesbeziehung in meinem Leben erleben werde. Ein weiterer Tag des Abschieds und der (hier allerdings traurigen) Erinnerungen. Ich habe dieses Jahr nichts besonderes an diesem Tag unternommen und das war ein Fehler. Es war nicht gut, diesen Tag zu übergehen – er hat sich auch so deutlich bemerkbar gemacht. Das werde ich nächstes Jahr anders machen – auch wenn ich noch nicht weiß, was ich konkret unternehmen werde. Aber ich werde sicherlich rechtzeitig eine Idee haben.

Ansonsten? Fast nichts. Meinen eigenen Geburtstag feiere ich natürlich mit mir selbst (meistens ebenfalls mit einem Ausflug) – aber niemand muß dieses Datum erfahren, es ist nur für mich wichtig (lustigerweise haben fast alle Menschen, die jemals das Datum erfahren haben, es sofort wieder vergessen). Andere Feiern gibt es nicht, denn da ist ja niemand. Ich führe ein Leben komplett ohne Familienfeiern, fast ganz ohne Geburtstage oder andere Feiern von Menschen. Ja, das ist eine merkwürdige Entwicklung und manchmal bin ich darüber auch einen Moment traurig, schließlich haben gemeinsame Feiern auch etwas Verbindendes. Aber die Zeit, in der eine andere Entwicklung möglich war, ist unwiderbringlich vorbei. So feiere ich denn meine besonderen Tage und schaffe mir selbst schöne Erinnerungen, die die Erinnerungen an die konkreten Tag ergänzen. Ein schönes Ritual, oder?

Gedanken zur Adventszeit ….

Eigentlich beginnt die Adventszeit erst am Wochenende. Aber für mich persönlich hat die Adventszeit heute begonnen. Es ist die Zeit in der ich mich langsam auf die Adventssonntage und die Weihnachtszeit vorbereite, den Zauber der Zeit genieße. Schon gestern habe ich in Düsseldorf die (noch geschlossenen) Buden auf dem Weihnachtsmarkt aus der Ferne gesehen und mich darauf gefreut, in den nächsten Tagen und Wochen den einen oder anderen Weihnachtsmarkt zu besuchen. Es sind viele kleine Dinge, die für mich das Besondere dieser Zeit ausmachen und über die ich mich jedes Jahr wieder freue:

– kalte sonnige Tage und sternenklare Nächte
– Schneeflocken
– Spaziergänge in der Kälte
– warme Räume, heißen Tee und weihnachtliches Gebäck
– das Schimmern der Lichter in vielen Fenstern
– das Schreiben der Adventspost
– den Duft der Tannenzweige
– den Adventskranz
– malerische Weihnachtsmärkte
– guten Glühwein
– weihnachtsliche Musik (ich liebe ja besonders den Nussknacker von Tschaikowsky)
– die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens
– viel Zeit zum Lesen und zum Nachdenken zu haben

Es ist eine Zeit, die ich sehr genieße – auch wenn sich die Art und Weise, wie ich die Adventszeit verbringe, in den letzten Jahren sehr verändert hat. Es ist für mich eine sehr ruhige und nachdenkliche Zeit geworden. Nicht traurig, nein, das nicht. Aber doch voller Erinnerungen – Erinnerungen an vergangene Zeiten – ein bißchen so wie das, was Ebenezer Scrooge mit dem Geist der vergangenen Weihnachten erlebt. Aber vergangen ist vergangen und jedes Jahr schreibt seine eigenen Geschichten. Dieses Jahr waren es ruhige Geschichten und das war gut so. So werde ich ruhig in meine Adventszeit starten, genießen, lesen und den einen oder anderen Weihnachtsmarkt besuchen. Was ich nicht tun werde – schreiben. Ich habe mehrere Jahre lang für mich selbst immer wieder eine Art „Adventskalender“ geführt. Es gab „hier“ an jedem der 24 Dezembertage bis Weihnachten einen Eintrag – jedes Jahr zu einem anderen Thema. Es war aus vielen unterschiedlichen Gründen richtig und wichtig, dies zu tun. Aber es war immer nur für mich wichtig und das ist es nicht mehr. Ich werde daher dieses Jahr ganz bewußt darauf verzichten. Es wird anders sein als vor 2017, anders als 2017 und wieder anders als 2018. Und ja, das ist gut so.

Den eigentlichen „Geist“ dieser Zeit habe ich vor kurzem in einer Geschichte von Frances Hodgson Burnett gefunden, dem Büchlein „A little Princess“. Sara Crewe, die Hauptperson dieser Geschichte wird zum Waisenkind und muß in dem Internat, in dem sie vorher als wohlhabende Schülerin gelebt hat, ein trauriges und armes Leben in Kälte und Hunger ertragen. Aber was man ihr nicht nehmen kann ist die Fähigkeit, anderen Menschen wunderbare Geschichten zu erzählen und ihnen und auch sich selbst schöne Gedanken und Vorstellungen zu schenken. Eine wunderbare Fähigkeit, die wir alle im Alltag viel zu selten nutzen und erleben.
Und da wir uns vermutlich nur selten lesen werden möchte ich Euch auf diesem Wege eine schöne Adventszeit wünschen. Genießt die Zeit und laßt Euch vom Zauber dieser Zeit überraschen!